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Gerichtshilfe & Jugendgerichtshilfe

Die Entstehung beider Gerichtshilfen basiert auf der Grundidee eines täterbezogenen Strafrechts. Vorrangig Strafjuristen zeigten ein Interesse mehr – als bis dahin üblich – über die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse der Straftäter zu erfahren. Hieraus entwickelten sich Sozialdienste, die für Juristen durch die Beschreibung der Täterpersönlichkeit eine Ganzheitsbetrachtung ermöglichten. Tat und Täterpersönlichkeit erbrachten eine Ganzheitsbetrachtung, sodass man hierdurch besser das Maß der persönlichen Schuld eines Rechtsbrechers, seine Resozialisierungsbedürftigkeit aber auch seine Strafempfindlichkeit eingrenzen konnte.

Wenn wir Grenzlinien zur besseren Erfassung zwischen diesen beiden Diensten ziehen wollen, so ist der Zuständigkeitsbereich eine Markierung.

Die Jugendgerichtshilfe ist für den Personenkreis der 14-21-jährigen Personen sachlich zuständig. Durch die Bestimmung des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) unterbreitet sie somit auch Volljährigen, über 18-jährigen Personen ein Angebot zur Zusammenarbeit. Vom Lebensalter nach oben grenzt sich diese Zuständigkeit mit dem erreichten Alter von 21 Jahren ein. Die JGH hat somit auch zu prüfen und Stellung zu beziehen, ob Personen zwischen dem 18-21 Lebensjahr von ihrer Entwicklung und Reifung Jugendlichen gleichzustellen sind, was bei Bejahung zwingend die Anwendung des Jugendstrafrechts zwingend zur Folge hat.

Dem gegenüber kommt die Gerichtshilfe bei Personen ab dem vollendeten 21. Lebensjahr zum Einsatz.

Hierdurch ergeben sich für beide Institutionen grundlegende Unterschiede. Während zur Gerichtshilfe in den Kommentaren zur Strafprozessordnung klare Aussagen über die Wertigung der Arbeit abgegeben werden, eindeutig beschrieben wird, dass sich die Gerichtshilfe an objektiven Kriterien zu orientieren hat und es bei ihrer Berichterstattung, der Weitergabe von Informationen nicht darauf ankommt, ob die einzelnen Erhebungen zum Vor- bzw. Nachteil des Betroffenen von Seiten der Strafjustiz über die Berichterstattung der Jugendgerichtshilfe.

Die Entwicklung vom Tat- zum Täterstrafrecht, beginnend um 1900, brachte die Entstehung der Gerichtshilfe. Im Jugendstrafrecht wurde dieser Sozialdienst dem kommunalen Jugendämtern zugewiesen. Die “Erwachsenen Gerichtshilfe” ist dagegen integraler Bestandteil der Justiz. Eine Besonderheit ergibt sich aus der Privatisierung der Justizsozialarbeit in Baden-Württemberg. Anlässlich dieser politisch verordneten Veränderung äußerten sich Staatsanwälte die eine enge, verzahnte Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern der Gerichtshilfe über Jahre praktizierten. Aus deren Äußerungen ergeben sich Anhaltspunkte über Erwartenshaltungen der Juristen, die generell für alle Sozialarbeiter, die in der Justiz tätig sind, von Bedeutung wären. Auch die Landesjustizverwaltungen können heraus Erkenntnisse schöpfen.

Bisherige Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe Tübingen

“Meine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe bei der Staatsanwaltschaft Tübingen schöpfe ich insbesondere aus Verfahren wegen Sexualdelikten und hierbei insbesondere Sexualdelikten gegen Kinder und Jugendliche. In diesen Verfahren ist eine enge Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe stets von großem Nutzen gewesen.

Auf diesem Wege besteht die Möglichkeit, auf schonende Weise den Kontakt mit Opfern herzustellen, die durch die Straftaten selbst schon in erheblichem Maße psychisch belastet sind. Hierbei ist eine schelle und effiziente Zusammenarbeit zwischen Gerichtshilfe und Staatsanwaltschaft erforderlich, da auf Grund der Dynamik entsprechender Fälle immer wieder kurzfristig reagiert werden muss. Dies gilt vor allem bei den in diesem Deliktbereich sehr häufig vorkommenden Haftsachen. Derartige zeitnahe Abstimmungen und Absprachen konnten bislang lediglich deshalb erfolgreich durchgeführt werden, weil die speziell für opferbegleitende Maßnahmen ausgebildeten Fachkräfte im Hause angesiedelt waren. Auf diese Weise konnten Reibungsverluste durch lange Wege vermieden werden. Oftmals ist auch die Abstimmung der im Einzelfall einzuschlagenden Vorgehensweise nur im persönlichen Gespräch an Hand der Akten möglich.

Im Hinblick auf diese Umstände empfand ich es immer als großen Gewinn, dass die Mitarbeiter der Gerichtshilfe als direkte Ansprechpartner im Hause zur Verfügung standen. Zudem erwies es sich als fast schon unerlässlich, dass der Kontakt mit den Opfern schwerwiegender Sexual- und Gewaltstraftaten von Mitarbeitern wahrgenommen wird, die gerade im Bereich der Opferbegleitung und Opferberichterstattung über besondere Kenntnisse verfügen.”

Dr. Trück, Staatsanwalt als Gruppenleiter

“Die bisherigen Aufträge an die Gerichtshilfe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens beinhalteten insbesondere Täter- und Opferberichte, meistens miteinander kombiniert, oft auch erweitert auf das Umfeld von Täter und Opfer (Verwandte, Bekannte). In vielen Fällen, insbesondere Fällen der häuslichen Gewallt, wurden Vorschläge zur Konfliktlösung erbeten und um Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen, gebeten (TOA). Allen Fällen ist gemeinsam gewesen, dass Täter, Opfer, Auskunftspersonen etc. von der Gerichtshilfe aufgesucht worden sind.

Die Arbeit der Gerichtshilfe hat sich in den genannten Fälle als unverzichtbar für eine sachgerechte Lösung erwiesen. Der persönliche Kontakt mit den Gerichtshelfern hat eine rasche und den Erfordernissen des Einzelfalls Rechnung tragende Berichterstattung ermöglicht.”

Zech, Oberstaatsanwalt

“Meine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe bei der Staatsanwaltschaft Tübingen stützen sich auf eine mittlerweile 30-jährige Zusammenarbeit. Diese betraf Verfahren unterschiedlichster Bedeutung, seien es umfangreiche Strafkammerverfahren, seien es einfach gelagerte, aber häufig vorkommende Verfahren wegen häuslicher Gewalt o.a..

Immer zeigte sich aus meiner Sicht der direkte Zugang zur Gerichtshilfe – wie auch umgekehrt der Zugang der Gerichtshilfe zur Staatsanwaltschaft – als eindeutig gewinnbringend und für die Bearbeitung der Verfahren förderlich, wenn es darum galt, die persönliche Situation von Tätern wie Opfern richtig einzuschätzen.

Da ich während meiner gesamten Tätigkeit keine andere Verfahrensweise als die über den geschilderten direkten Zugang erfahren habe, kann ich mir nur schwer vorstellen, ob und wie es funktionieren kann, wenn die Gerichtshilfe ausgelagert, der jeweilige mit der Bearbeitung betraute Gerichtshelfer/Sozialarbeiter nicht persönlich bekannt und außerdem nur über einen zwischengeschalteten Verein zu erreichen ist. Dass dies jetzt so vorgesehen ist, werte ich als eindeutige Verschlechterung der Möglichkeiten zur gebotenen Sachaufklärung, soweit es die persönlichen Hintergründe von Tätern und Opfern betrifft.”

Stehberger, Staatsanwalt

“Die bisherige Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe bei der Staatsanwaltschaft Tübingen gestaltete sich aus meiner Sicht als überaus gewinnbringend. Durch die Einschaltung der Gerichtshilfe in Ermittlungsverfahren – vor allem in Verfahren im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt – konnten die Verfahren zeitnah und mit sachgerechten Ergebnissen abgeschlossen werden, wobei die Entscheidung über Art und Umfang einer strafrechtlichenSanktion im Einzelfall wesentlich erleichtert wurde. Dadurch gelang es auch, die Durchführung gerichtlicher Verfahren zu vermieden, wo diese nicht notwendig waren. Dies trug zu einer Entlassung nicht nur im Ermittlungsverfahren sondern auch bei den Gerichten bei.

Besonders nutzbringend waren in diesem Zusammenhang die kurzen Wege zur Gerichtshilfe hier im Hause und der auch dadurch bedingte stetige Informationsaustausch. Auf diese Art und Weise hat die Gerichtshilfe gerade hier in Tübingen ein Ausmaß an Zielgerichtetheit in ihrer Tätigkeit entwickelt, welches allein im Rahmen der regulären Aus- und Weiterbildung von Gerichtshelfern nicht zu erreichen wäre.

Aus der Erfahrung als Strafrichter im hiesigen Landgerichtsbezirk ist ergänzend hinzuzufügen, dass vor allem bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine Durchführung der Verfahren ohne Einschaltung der Gerichtshilfe kaum je erfolgte. Auch hier leistete die Gerichtshilfe einen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung und zur Entscheidungsfindung bei der zu verhängenden Strafe.”

Dr. Hauser, Staatsanwalt

“Ich bin seit 1979 hier in dieser Behörde und immer in Abteilungen beschäftigt, die mit der Gerichtshilfe eng zusammengearbeitet haben.

Über die Qualität der Gerichtshilfe [...] brauche ich nichts sagen; es ist unbestritten, dass diese von hoher Qualität waren.

Besonders wichtig aber war, dass eine direkte Zusammenarbeit zwischen den Gerichtshelfern und den Staatsanwälten möglich war. Allein schon durch die Unterbringung der Gerichtshilfe hier im Hause der Staatsanwaltschaft Tübingen war eine kollegiale Zusammenarbeit immer gewährleistet. Dies hatte zur Folge, dass in Eilsituationen (z.B. häusliche Gewalt u.ä.) unbürokratisch die Gerichtshilfe beauftragt wurde, so dass innerhalb allerkürzester Zeit ein Bericht vorlag. Die Vorlage das Berichts war selbst nicht das Wichtigste. Viel wichtiger war, dass durch die Tätigkeit der Gerichtshelfer im Außenbereich schon Vorklärungen und zum Teil Streitschlichtungen stattfanden, die es ermöglichten, dass Verfahren auch auf “kleiner Flamme” zu kochen.

Lediglich am Rande sei erwähnt, dass auch und insbesondere bei Kapitalsachen es für die Tätigkeit des Staatsanwalts und auch des Gerichts wichtig war, in hoher Qualität erarbeitete Berichte über die persönliche Situation des Beteiligten zu erhalten. Hierbei war der Wert dieser Berichte insbesondere dadurch erst möglich, dass von Seiten der Gerichtshilfe die Ermittlungen vor Ort aufgenommen wurden, wo erkannt werden kann, welche Besonderheiten vorlagen. Insbesondere wurden die Angaben der Beteiligten durch weitere Ermittlungen überprüft und somit objektiviert.

Wie ich auch von den später eingeschalteten Sachverständigen erfahren habe, waren die von der Gerichtshilfe erstatteten Berichte häufig professionelle Grundlage für ihr dann zu erstattendes Gutachten.

Ich vermute sehr stark, dass diese für die Justiz sinnvolle Zusammenarbeit durch die Auslagerung der Gerichtshilfe und die Unterstellung unter einen Verein leiden wird.”

Henn, Oberstaatsanwalt

“Als der für den Bezirk Tübingen und bis 31.12.2006 für den Bezirk Calw zuständiger Dezernent für Sexualstraftaten war es in zahlreichen Fällen wichtig und nützlich zeitnah auf eine präsente Gerichtshilfe zurückgreifen zu können. Zum einen konnte sehr rasch Kontakte zu Opfern von Sexualdelikten hergestellt werden und auch in einigen Fällen aufkommende bzw. schwelende Konflikte insbesondere bei Taten mit Beziehungshintergründen frühzeitig entschärft werden.

So konnte in einem Fall die Eskalation eines Konfliktes zwischen 2 türkischen Großfamilien durch sofortiges eingreifen der Gerichtshilfe an den Wohnorten der Familien entschärft werden.

Gewinnbringend war, nicht nur in diesem Zusammenhang, dass die Mitarbeiter der Gerichtshilfe als direkte Ansprechpartner im Hause zu Verfügung standen und durch direkten Kontakt zeitraubender Schriftverkehr vermieden werden konnte.

Ich bin davon überzeugt, dass auch für zahlreiche Opfer von Sexualstraftaten oder auch häuslicher Gewalt die zeitnah vor Ort präsente Gerichtshilfe, eine Stütze für das weitere Verfahren war, wovon nicht nur die Ermittlungsarbeit bei der Staatsanwaltschaft und die Gerichte profitierten.”

Dr. Werner, Staatsanwalt

“Seit 1973 bin ich – mit einer 6-jährigen Unterbrechung – Dezernentin bei der Staatsanwaltschaft Tübingen. Die aufbauende Entwicklung der Gerichtshilfe durch Herrn Hering war überaus erfreulich.

Die Zusammenarbeit bezeichne ich als ausgesprochen gewinnbringend. Hierbei möchte ich mich meinem Kollegen Dr. Hauser anschließen, dass die kurzen Wege der im Hause befindlichen Gerichtshilfe und der hierdurch ermöglichte stetige Informationsaustausch – auch durch mündliche Zwischenbericht – sehr nutzbringend waren. Ferner habe ich begrüßt, dass zwei Personen tätig waren, die mir vertraut waren. So konnte ich je nach Persönlichkeit, Temperament und auch Geschlecht die jeweilige Person der Gerichtshilfe passend zu dem “Fall” beauftragen. Die Gerichtshilfe, die begrüßenswerterweise zahlreiche Hausbesuche machte, leistete einen wesentlichen Beitrag zur Sachaufklärung und zur Entscheidungsfindung.

Hervorheben möchte ich, dass bezüglich der Opfer gleichermaßen wertvolle Arbeit geleistet wurde.”

Klunzinger, Staatsanwältin

“Die Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe Tübingen war bisher eine sehr gute, insbesondere da ein ständiger räumlicher Austausch stattfinden konnte, da Dezernenten und Gerichtshilfe in einem Gebäude untergebracht sind. Dies führte zu einer zügigen Bearbeitung der Fälle und einem regen Meinungsaustausch. Trat ein Problem auf, so konnte dies meist sofort gelöst werden.

Da durch die enge persönliche und räumliche Zusammenarbeit der Bericht der Gerichtshilfe schnell erstellt wurde, konnten auch die Verfahren rasch abgeschlossen werden, sei es durch Anklageerhebung oder Einstellung.”

Nörr, Staatsanwältin

“Die Zusammenarbeit zwischen der Gerichtshilfe Tübingen und der im gleichen Hause untergebrachten Staatsanwaltschaft ist meines Erachtens sehr gut.

Kurze Wege und die ständige, persönliche Erreichbarkeit der jeweiligen Sachbearbeiter ermöglichen eine effektive und schnelle Zusammenarbeit zum Nutzen aller. Durch die direkte Einschaltung der Gerichtshilfe konnten vor allem Strafverfahren im Bereich der häuslichen Gewalt zügig und mit einem sachgerechten Ergebnis abgeschlossen werden.

Deshalb halte ich die bisherige Zusammenarbeit zwischen der Staatsanwaltschaft und der Gerichtshilfe in Tübingen für sehr gewinnbringend und sehe sie als ein Erfolgsmodell.”

Dr. Feld, Staatsanwaltschaft

“Meine bisherigen Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Gerichtshilfe schöpfe ich aus der Tätigkeit als Strafrichter beim Amtsgericht Bad Urach. In den von mir bearbeiteten Verfahren waren die Täter- und Opferberichte der Gerichtshilfe für eine sachgerechte Beurteilung des Falles von sehr großem Nutzen. Insbesondere in den Fällen häuslicher Gewalt war die Berichterstattung über Ursachen, Umfang und Auswirkungen der Konflikts äußerst wertvoll. Darüber hinaus war die Bewertung der aktuellen Konfliktsituationen durch den Gerichtshelfer sehr hilfreich. Die Gerichtshilfe vermittelte dem Gericht bereits mit der Anklage wichtige Erkenntnisse, mit deren Hilfe die Hauptverhandlung fundiert vorbereitet, durchgeführt und teilweise abgekürzt werden konnte.

Des Weiteren ist hervorzuheben, dass die Gerichtshilfe mitunter zur Aussagebereitschaft von eingeschüchterten Opfern beitrug und diesen den für sie schweren Gang zur Verhandlung erleichterte.

Es gilt festzuhalten, dass die Gerichtshilfe wesentlich zur Entlastung der Gerichte beigetragen hat.”

Neher, Staatsanwalt

“Bislang habe ich die Aufgabenübertragung an “Neustart” insoweit wahrgenommen, als Umwege hinzukamen und dadurch Zeitverzögerungen und Unklarheiten hinzunehmen waren. Dies wurde noch insoweit abgemildert, als jedenfalls einer der “klassischen” Gerichtshelfer noch hier in der Behörde persönlich anzutreffen war, so dass der bewährte und wichtige “kleine”  Dienstweg immer noch funktioniert hat.

In meinem Dezernat (Schwerpunkt: Sexualdelikte) erfolgten Gerichtsaufträge zu mehr als 98% vor der Anklageerhebung, damit auch zu einem Zeitpunkt, wo ich es für sinnvoll und erforderlich halte, Ermittlungsakten (die häufig sehr umfangreich sind und nicht mal eben per Fax übersandt werden können) kurzfristig zur Einsicht durch den Gerichtshelfer zur Verfügung stellen zu können. Dies ist bei einer räumlichen Trennung so nicht mehr gewährleistet. Unabhängig davon stellt sich die Frage, welche Befugnis “Neustart” zu einer Akteneinsicht hat (Problem des Datenschutzes).

Dies gilt insbesondere bei der Problematik der Opferberichte, die sehr sensibel angepackt werden müssen. Teil dieser Sensibilität ist es sicher auch, die Opfer nicht einfach “irgendwohin zu bestellen”, sondern ihnen die Möglichkeit eines Gesprächs in ihrem geschützten Raum zu geben, um so (in vielen Fällen) überhaupt erst einen Anfang für die Opfer zu schaffen, sich wieder nach außen zu bewegen. Die Auftragsform “Opferbericht” stellt in meinem Dezernat sicherlich einen Schwerpunkt dar, wobei ich persönlich auf direkten Kontakt mit den Gerichtshelfern ebenso wie auf einen persönlichen Austausch der Eindrücke und Erkenntnisse großen Wert lege. Dies halte ich auch für unabdingbar, zumal immer wieder neue Ermittlungsergebnisse hinzukommen, die dem Gerichtshelfer m.E. zeitnah mitgeteilt werden sollten. Beides ist bei einer räumlichen Trennung nur noch schwer zu gewährleisten, zumal nach dem derzeitigen Zuschnitt von “Neustart” nur sehr fraglich mitgeteilt wird, wer Sachbearbeiter ist. Auch ist keinesfalls gewährleistet, dass ein/e für einen Opferbericht ausreichend ausgebildete Mitarbeiter/in tätig wird.

Auch in Fällen des TOA (logischerweise fast immer vor Anklageerhebung) halte ich eine möglichst enge Absprachemöglichkeit für unabdingbar, zumal sich auch in diesen Fällen häufig – etwa durch eingeschaltete Anwälte – neue Gesichtspunkte ergeben, die möglichst unbürokratisch mitgeteilt werden sollten (im Sinne einer verfahrensökonomischen Verfahrenserledigung).

Die Notwendigkeit der räumlichen Nähe zur Gerichtshilfe ist für mich auch in den Fällen gegeben, in denen in eine längerfristige “Begleitung” des Probanden angezeigt erscheint, etwa wenn es um die Überprüfung der Entwicklung in einer Familie oder Beziehung oder der Wahrnehmung von Therapien geht.

Bislang haben derartige Projekte hervorragend funktioniert. Damit konnten sicherlich viele Verfahren bereits im Ermittlungsverfahren erledigt und damit die Gerichte entlastet werden. In anderen Fällen konnten dem Gericht bereits mit der Anklage verfahrensrelevante Erkenntnisse sowohl zu Tätern wie auch zum Opfer präsentiert werden, mit Hilfe derer die Hauptverhandlung fundierter vorbereitet oder sogar wesentlich abgekürzt werden konnte. Ich hoffe, diese wertvollen Erkenntnisse geraten nicht in Vergessenheit, sondern können auch weiterhin umgesetzt werden.”

Hölscher, Staatsanwältin

“Bislang habe ich Gerichtshilfeberichte ausschließlich im Ermittlungsverfahren, vor Anklageerhebung in Auftrag gegeben. Der Schwerpunkt der Fälle lag im Bereich häuslicher Gewalt oder sonstiger familiärer Streitigkeiten sowie von Nachbarschaftsstreitigkeiten.

Die Aufträge umfassten Täter- und Opferberichte und erstrecken sich häufig auf das familiäre und soziale Umfeld der beteiligten Personen. Außerdem wurden häufig Vorschläge zur Konfliktlösung oder die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs erbeten.

Hierbei ist es aus meiner Sicht unabdingbar, dass die Mitarbeiter der Gerichtshilfe die betroffenen Personen in ihrem persönlichen Umfeld aufsuchen, um die Hintergründe eines Konflikts im familiären oder nachbarschaftlichen Bereich zu ergründen. Das Wissen um die Hintergründe des die Straftat auslösenden Konflikts    war für die Entscheidung über Art und Umfang strafrechtlicher Sanktionen sehr hilfreich und hat dazu geführt, dass eine Reihe von Ermittlungsverfahren ohne Anklageerhebung abgeschlossen werden konnten, was eine Entlastung der Gerichte bedeutete. Auch konnten teilweise bereits längere Zeit bestehende Konflikte soweit bearbeitet werden, dass weitere Straftaten verhindert werden konnten.

Als sehr hilfreich habe ich in diesen Fällen auch den persönlichen Kontakt mit den Gerichtshelfern bei der Staatsanwaltschaft Tübingen empfunden. Die Vorgehensweise im Einzelfall konnte schnell und unbürokratisch abgesprochen oder neue Erkenntnisse ohne Weiteres rasch weitergegeben werden. In meiner Anfangszeit bei der Staatsanwaltschaft war der persönliche Kontakt zu den Gerichtshelfern ganz besonders wichtig, um deren Arbeit kennen zu lernen und einschätzen zu können, in welchen Fällen die Beauftragung der Gerichtshilfe sinnvoll sein kann.”

Schmidt, Staatsanwältin