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Zeichen setzen!!

 

Zeichen setzen!!

Nach der ADG-Mitgliederversammlung im Oktober 2018 wollen wir uns neuerlich zu Wort melden.

Die Mitgliederversammlung war dominiert von der Notwendigkeit einen Teil unserer Satzung gemäß der Gemeinnützigkeit laut Anregung des Finanzamtes präziser zu fassen; dabei ging es um den § 13, der die Auflösung des Vereins regelt. Dieses wurde besprochen, beschlossen und umgesetzt. Wir sollten bzw. müssen uns offener, zum Teil seit Jahren verschleppter Themen, intensiver annehmen. Gerade Ereignisse in jüngerer Zeit weisen darauf hin.

 

Zeit, etwas zu tun!

Es ist schon erstaunlich, dass etwas so Abstraktes wie der Klimawandel so viele junge Leute in ganz Europa mobilisiert. Wir lernen, was es heißt, in einer wehrhaften Demokratie zu leben. Hier hat jeder das Recht, für die Dinge zu demonstrieren, die ihm wichtig sind, solange er das friedlich tut.

Und wenn genügend Leute mitmachen, bekommt dieses Anliegen hoffentlich Gehör in der großen Politik!

Wie halten wir es selbst mit den verschiedenen Anliegen in dem überschaubareren Themenfeld „soziale Strafrechtspflege“? Es gibt hier etliche Baustellen, Schlaglöcher, die angegangen werden sollten, zumal wir bei offenen Augen und wachem Verstand diese Defizite deutlich erkennen. Weshalb reagieren wir dennoch so resignativ und angepasst? Aussagen wie „die machen ja sowieso alles wie sie es wollen“, bedeuten genau genommen eine Kapitulation. Da ist die Mobilisierung der Schüler, auch das damit verbundene Schulschwänzen, ein Hoffnungsschimmer.

 

Auf die Fakten kommt es an!

In Bildungsfragen kann ja jeder irgendwie mitreden. Wir haben in den Schulen prägende Jahre verbracht, die entweder in schöner Erinnerung geblieben sind oder als der reine Horror. Als Basis für politische Entscheidungen reicht dieses Erfahrungswissen längst nicht mehr. Öffentliche Debatten scheinen häufig an den Realitäten ein wenig oder deutlich vorbeizugehen. Mehr abgesicherte Fakten führen zu besseren politischen Entscheidungen.

Die Zielerreichbarkeit der Aufgaben ist ein wesentlicher Schritt zur Fortentwicklung und Fehlerminimierung. Hierzu benötigen wir eine transparente und vergleichbare bundesweite Statistik. Die bisherigen statistischen Darstellungen sind länderbezogen. Eine Tiefenschärfe fehlt, zumal jedes Bundesland gegenüber den übrigen Länderstatistiken andere Kriterien und Erfassungen vornimmt.

Das Statistische Bundesamt regt an, ein spezielles Rechtspflegestatistikgesetz zu verabschieden. Dieses sollte festlegen, welche Merkmale bei welchen Berichtsstellen (BwH, GH) in welcher Regelmäßigkeit und Tiefengliederung erhoben und zentral auszuwerten wären. Das Bundesamt ist an der Erstellung und Veröffentlichung derartiger Ergebnisse interessiert. Eine Initiative der Professoren Heinz und Kerner zielt genau auf die Einführung einer derartigen Statistik ab. Die Verfasser haben deshalb einen Aufruf auch an Vereinigungen, Gesellschaften und Arbeitsgemeinschaften gestartet, um Einfluss auf die Meinungsbildung zu nehmen. Die ADG ist diesem Aufruf beigetreten, zumal sich der Vorschlag an die Parteien und ihre Vorstände bzw. Präsidien richtet. Es werden viele zusätzliche Institutionen parallel oder in einem geeigneten Abstand informiert. Hierzu gehören die Ausschüsse des Bundestages. Dort sind alle Parteien vertreten und somit wird eine breite Streuung erzielt werden. Ebenso werden der Bundesrat, das BMJ und die Landesministerien des Inneren und der Justiz einbezogen.

Auch nüchterne statistische Erhebungen können somit deutliche Auswirkungen einleiten. Fragen, warum gibt es an einigen Standorten Aufträge zur „Opferberichterstattung“ und warum dies in anderen Landgerichtsbezirken nicht bzw. kaum gibt, werden angeregt! Derartige Nachfragen stellte auch das Justizministerium in Niedersachsen vor Jahren den Dienststellen.

 

Wahrheit und Irrtum!

Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit sind wichtige Eigenschaften, um ein Ziel auch gegen Widerstände zu erreichen. In der Politik und der Wirtschaft bedarf es einer ausgeprägten Überzeugungskraft, eines erheblichen Stehvermögens und häufig mehrerer Anläufe damit aus einer guten sowie belegbaren Idee ein erfolgreiches Projekt wird.

Gerade in politischen Prozessen, wenn Vorhaben sich auf die Gesellschaft oder die Republik als Ganzes auswirken können, helfen diese positiven Charaktereigenschaften bisweilen nicht mehr weiter. Wem es dann an Flexibilität und Kompromissbereitschaft mangelt, sucht eher Zuflucht in der Beharrlichkeit.

Gerade die in den 90iger Jahren vorangetriebenen und in den Bundesländern mehrheitlichen beschlossene  Organisations- und Strukturveränderungen bei den ambulanten Sozialdiensten der Justiz – Bewährungs- und Gerichtshilfe – sind ein ausdrucksvolles Beispiel, wie beharrlich die damaligen Verfechter und die heutigen Verantwortlichen sich einer Überprüfung von Wahrheit und Irrtum entziehen. Sie traten an mit der Aussage, die vorherigen Ausrichtungen, Strukturen und Ergebnisse wären unzureichend bis mangelhaft und sollten durch neue, andere Organisationsformen ersetzt werden. Dadurch würden zukunftsorientierte bessere Arbeitsergebnisse eintreten. Stattdessen gibt es nunmehr seit gut  10-15 Jahren keinen Ansatz auf der Basis der selbst verfassten Aufgabenbeschreibungen und Zielsetzungen, ernüchternde Bilanzen aufzustellen und öffentlich diskutieren zu lassen.

Regelmäßig lassen sich auf allen Politikfeldern und in Lebensbereichen die Vorhaben und selbst gesteckten Ziele nicht einlösen, gerade diejenigen nicht, die sich bei Auswertungen als Irrtum herausstellen (würden).

Auch in der nationalen wie internationalen Politik zeigen sich genügend Beispiele, wie Irrtümer durch „Sturheit“ unantastbar werden und wie auf diese Weise an ihnen festgehalten werden soll. Ergänzung findet die Unterdrückung der Wahrheit durch fehlerhafte oder/und falsche Darstellungen. Ein Beispiel für viele veröffentlichte Berichte sind Fernsehberichte und Meldungen über die unverhältnismäßige Inhaftierung von „Schwarzfahrern“. Diese Mitbürger würden zur Ableistung der Ersatzfreiheitsstrafe für mehrere Tage bzw. Wochen in Haft genommen. Hier wäre ein Handlungsbedarf, derartige Strafen ersatzlos entfallen zu lassen. Beim Zuseher, Zuhörer und Leser wird somit ein Bild der Überzogenheit derartiger Sanktionen ausgelöst. Bei der Darstellung werden wesentliche „Fakten“ ausgelassen. Wer bei Beförderungserschleichung, ob in der Bahn oder anderen Nahverkehrsmitteln ertappt wird, erhält zuerst die mildesten Sanktionsandrohungen. Wenn er auf entsprechende Zahlungsaufforderungen nicht reagiert, wird im Rahmen der Vollstreckung bei Nichtzahlung ein Bündel von Möglichkeiten zur Vermeidung der Ersatzfreiheitsstrafe angeboten (Ratenzahlung, Ableistung durch gemeinnützige Arbeit usw.). Gleichzeitig erfolgen Hinweise, welche Stellen/Personen zur Umsetzung Hilfen anbieten und wie diese Stellen/Personen erreicht werden können. All dieses ist für den Verurteilten kostenfrei, da diese Leistungen vom Staat gestellt bzw. bezahlt werden. Dieses ist vom Wohnort aus abrufbar, vorausgesetzt, dass sich der Betroffene meldet, zur Zusammenarbeit bereit ist und somit seine Verantwortungsübernahme für sein strafbares Verhalten dokumentiert.

Unsere Strafrechtspflege bedarf in vielen Bereichen Verbesserungen; in dem eben genannten Bereich u. E. nicht. Wer also eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt, ist kein Ersttäter und/oder der an der Armutsgrenze lebende Hartz IV Empfänger, sondern ein Bürger, der die Angebote, die jedem Verurteilten gemacht werden, aus welchen Gründen auch immer, nicht genutzt hat.

Bei wahrheitsgemäßer Berichterstattung würde, so unsere Schlussfolgerung, kaum ein Mitbürger an überzogene Sanktionen denken. Es verbleibt die Frage, was will man mit derartig fehlerhaften und unzutreffenden Berichten auslösen will.

Es gibt andere und vorrangige Themen, wie die der Opferberichterstattung, die in der Sozialen Strafrechtspflege flächendeckend noch keinen festen Platz erhalten haben, obwohl die ADG dieses seit langer Zeit empfiehlt und mehrere Landesjustizministerien diesen Aufgabenbereich

Schriftlich benannt haben.

Der Bundesgerichtshof hat 2007 beschrieben:

„Die Opferberichterstattung durch die Gerichtshilfe stellt ein wichtiges strafprozessuales Element dar, um der Subjektrolle des Opfers im Strafverfahren angemessen Geltung zu verschaffen.“

Also beginnen wir Zeichen zu setzten!

 

Rainer-Dieter Hering

ADG – Präsidium

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