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Soziale Strafrechtspflege Lösungen in Sicht?
von Rechtfertigungen, Sparnotwendigkeiten, Finanzierungslücken!

In Auszügen sollen aus einer GLOSSE, einer spöttischen Randbemerkung von  Hilmar Peter, aus dem Jahr 1982, wesentliche Verhaltensweisen und der Umgang mit Problemen, herausgestellt werden.

Die Beschreibungen sind weiterhin hoch aktuell, treffen für alle Bereiche und somit auch die Strafrechtspflege zu. Die Auswirkungen durchleben alle Mitarbeiter ob Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger, die Servicemitarbeiter  und Sozialarbeiter.

Alle sollten sich mit diesen Darstellungen auseinandersetzen und nach Lösungen gegenüber den beschriebenen Strategien suchen.

Rainer-Dieter Hering (Februar 2012)

Eine ansteckende Krankheit hat uns alle befallen: Geldmangel. Es ist die Krankheit, deren vorrangige Eigenschaft darin besteht, in öffentliche Haushalte so genannte „Finanzierungslücken“ ( Löcher ) zu fressen.

Über geeignete Maßnahmen dagegen vorzugehen ist man sich uneinig. Die herbeigerufenen Diagnostiker, sogenannte Sachverständige, sind untereinander zerstritten, ebenso die Therapeuten, im Allgemeinen auch „Politiker“ genannt. Diese haben sich aufs Reagieren konzentriert: jeweils neue Löcher  zu stopfen. Man reagiert, das ist das Tun.

Das einzige Mittel gegen die Krankheit ist augenblicklich – aus der Sicht der Politiker – strenge Diät. Der Fachbegriff für diese besondere Diät ist „sparen“.

„Im hier zugrundeliegenden politischen Sprachgebrauch heißt sparen zweierlei: I. Geld, das man an einer Stelle gern hätte, aber nicht hat, auch nicht auszugeben (obwohl alle damit rechnen, dass man es tut); 2. heißt es, Geld, das man an einer Stelle braucht, aber nicht hat, woanders wegzunehmen. Keineswegs heißt sparen also: Geldansammlung zwecks Zukunftsinvestition!

Die erste Form des politischen Sparens nennt man auch „Illusionen bekämpfen“. Das kostet nichts weiter, außer Wählerstimmen. Eine andere Bezeichnung für diese erste Variante ist auch „Mittel kürzen“. Mittel kürzen ist jedoch  nicht einfach so zu verstehen, wie es das Wort

sagt: kürzen kann man nur etwas, das „lang“ da ist. „Mittel kürzen“ heißt als politischer terminus techniscus einfach: Was nicht da ist, womit aber alle rechnen, dass es da ist und wovon auch immer behauptet wurde, dass es da sei, nicht auszugeben.

Die zweite Form des politischen Sparens nennt man „Umverteilen“ (manchmal auch etwas umständlich: „andere Prioritäten setzten“).

Was die Umverteilung angeht, hat man in den letzten Monaten bereits eine erhebliche Routine entwickelt. Die Routinisierung lässt auf eine alsbaldige Erledigung des Problems hoffen. Zwei Formen der Umverteilung sind zu beachten: Die vertikale und die horizontale. Die vertikale Form beruht u. a. auf dem Prinzip des Entzugs von Zuschüssen oder der Verlagerung von Lasten. Zuschüsse werden gegeben, um zum einen sicherzustellen, dass derjenige, der die Zuschüsse kriegt, seine Aufgaben wahrnehmen kann, gegebenenfalls an andere Zuschussberechtigte wiederum Zuschüsse zahlen kann.

Zweitens werden sie gegeben, um besser seinen Einfluss geltend machen zu können, bzw. Macht zu erhalten. Die Kette geht also: Bund gibt weniger an Länder, diese weniger an Gemeinden und die werden das Problem schon lösen. In einigen Bereichen, besonders im Sozialbereich, ist noch eine spezielle Art privater Staatstätigkeit dazwischengeschaltet, sogenannte „freie“ Träger (Wohlfahrtskonzerne), die ihrerseits von Zuschüssen abhängig sind und ohne die funktionsgemindert sind. Das führt dann zu den bekannten „Altruismus-Insuffizienzen“. Am Ende der Kette steht immer eine Spezies mit unterschiedlichen Namen, je nach theoretischer Richtung: Mensch, Bürger, Steuerzahler, Wähler, Leistungsempfänger. Dessen besondere Begabung besteht in einer nahezu grenzenloser Strapazierfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Leidensfähigkeit. [...]

Da Formen des Stopfens mittels „Spardiät“ auf  lange Sicht erklärungsbedürftig ist (Legitimationsbedarf) haben die Politiker drei Spielarten der ideologischen Rechtfertigung gefunden.

Form eins ist das „Verantwortungs-Verschiebe-Spiel“. Dieses gibt es in mehreren Varianten. Gebräuchlich ist z. B.: „gegen die Entscheidung des Ausschusses (Finanz-, Bau-, Personal- etc.) sind wir machtlos“; „ich stehe in meiner Fraktion ziemlich allein“ (fast weinerlicher Ton); „ich bin auch nicht immer ausreichend informiert…“. Der Effekt ist immer der gleiche: Man ärgert sich, mal wieder nicht den richtigen Verantwortlichen getroffen zu haben oder man bedauert gemeinsam das harte Schicksal, das den in der Minderheit befindlichen Vernünftigen ereilt hat. Eine besondere Spielart dieser Argumentation ist auch der Verweis auf hinderliche Koalitionspartner, zu starke Oppositionen oder auf so mysteriöse Dinge (dabei geheimnisvoll dreinschauend) wie „das ist zur Zeit nicht durchsetzbar“ oder resignierend „zur Zeit läuft nichts mehr“, „wir haben keinen Spielraum mehr“.

Die zweite Spielart ist das „Guckt-Euch-mal-die-anderen-an-Spiel“. Das geht so: andere Gemeinden geht es noch viel schlechter (kommunalpolitische Ebene); im Vergleich zu anderen Bundesländern ist die Situation bei uns noch durchaus positiv (landespolitische Ebene); wir stehen in Europa noch recht gut da (bundespolitische Ebene); uns in Europa geht es im Vergleich zu … noch relativ gut (weltpolitische Ebene). Auch der Effekt ist klar: man bekommt fast ein schlechtes Gewissen und bedauert die jeweils anderen und denkt, man könne doch noch irgendwie zufrieden sein.

Die dritte Variante ist das „Die-Ereignisse-sind-nun-mal-so-Spiel“. In diesem Zusammenhang werden unanfechtbare Größen ins Feld geführt: die gesamtwirtschaftliche Lage; die ölproduzierenden Länder; die Hochzinspolitik der USA; die Handelsbilanz; die Bundesbankpolitik; die Lohnabschlüsse; die Anspruchhaltung der Bevölkerung; die Faulenzer und Trittbrettfahrer; die Ausländer … Der Effekt: Verstummen ob der Unangreifbarkeit, Unangreifbarkeit nicht im Einzelnen, sondern in ihrer argumentativen Verwobenheit und Austauschbarkeit. Die Argumente sind deshalb so hinterhältig, weil immer irgendwo auch etwas Richtiges dran ist, weil es allessagende und nichtssagende Größen zugleich sind, die sich trefflich für den Biertisch eignen. Denn: die „gesamtwirtschaftliche Lage“ lässt sich hervorragend gegen den Druck der „Ölländer“ ins Feld führen, der aber aufzufangen wäre, wenn die Lohnabschlüsse niedriger wären. Diese bräuchten aber nicht niedriger zu sein, wenn die restriktive Bundesbankpolitik nicht wäre, die nämlich Investitionen verhindere, die die gesamtwirtschaftliche Lage verbessern würde. Die Bundesbank sei aber auch nicht schuld, da ja schließlich die Amerikaner mit ihrer Hochzinspolitik … (endlos weiter im Zirkel). Laute Biertischdiskussionen machen politisch stumm. So ist die Lage.“…

 

Und wie geht es dem geneigtem leser? Ist er/sie platt oder gibt es dennoch Auswege? Jeder Leser beantwortet diese Fragen durch sein Verhalten.

 

 

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