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Qualitätsstandards – Was macht eine gute Gerichtshilfe aus?

Treffen mit Prof. Dölling und Mitarbeitern, IfK Heidelberg,19.02.2013

Ausgangslage: Anschreiben vom 30.02.2013, Prof. Dölling an die ADG.

Thema: Qualitätsstandards – Was macht eine gute Gerichtshilfe aus?

Nachfolgende Skizzen sind zur Beantwortung der Frage darzustellen:

-          Beginn der Gerichtshilfe 1923

-          Aufgabenstellung

-          Unterschiedliche Organisationsformen; kommunale, staatliche Dienste, freie Wohlfahrtsverbände

-          Welche Ergebnisse konnten bei der GH-Einführung abgeleitet und festgelegt werden?

Die Strafprozessordnung ist gesetzlich verankert, die Organisation und die Umsetzung sind Ländersache. Alle Bundesländer (alt, vor 1990) haben in ihren Dienstordnungen/Allg. Verordnungen den vorrangigen Einsatz im Ermittlungs-/ Vorverfahren hervorgehoben. Die GH wurde deshalb vorzugsweise den Ermittlungsbehörden zugeordnet. Die Stadtstaaten und das Saarland hatten andere Strukturen. In BW war die GH ab ihrer Einführung Teil der Staatsanwaltschaften. Die räumliche Unterbringung war je nach Standort unterschiedlich.

Die GH steht in unmittelbarer Nähe zu den Dezernenten. Sie befindet sich z.T. in anderen Gebäuden, in Bürogemeinschaften mit der Bewährungshilfe. Diese Unterschiede spiegelten sich in der abweichenden Beauftragung wieder. Bis zur Privatisierung gab es Dienststellen mit Auftragsschwerpunkten um 89% im Ermittlungsverfahren und an anderen Orten mit einer überwiegenden Beauftragung bis zu 75% im Vollstreckungsverfahren. Hier wurde erkennbar, ob die Dez. und die Mitarbeiter der Gerichtshilfe sich gegenseitig kannten, kommunizierten, Fälle besprachen oder kaum einen Kontakt hatten. In den nachfolgenden Jahren wurden fast alle Gerichtshelfer zumindest in räumlicher Nähe zu den Ermittlungsabteilungen platziert.

Nach der flächendeckenden Einführung der GH gab es über 15 Jahre mindestens einmal im Jahr Dienstbesprechungen mit dem JM, den Generalstaatsanwälten, lt. Oberstaatsanwälten und allen Mitarbeitern der Gerichtshilfe. Dies fand abwechselnd In Baden und Württemberg statt. Die Tagungen waren themenbezogen und ein dafür beauftragter Gerichtshelfer übernahm die Vorstellung. Die Tagungen brachten Informationen für das Ministerium, die Generalstaatsanwaltschaften und die Praktiker und trugen somit zu einer positiven Entwicklung bei.

Vorschläge zur Lage der Bewährungshelfer und Gerichtshelfer

Dem Justizminister wurde 1974 ein Kommissionsbericht vorgelegt. In dem Bericht heißt es u.a.: „ Die Kommission empfiehlt die Gerichtshilfestelle, soweit dies bei den örtlichen Gegebenheiten möglich ist, mit der Dienststelle der Bewährungshelfer zusammenzulegen.“ Die Kommission spricht sich in der Begründung für eine direkte Unterbringung bei den Staatsanwaltschaften aus. Sie hält eine räumliche Zusammenlegung für Erstrebenswert, „damit die Gerichtshelfer nicht von den übrigen Sozialarbeitern isoliert werden.“ (S.55)

Zu diesem Zeitpunkt gab es 8 GH-Stellen; 5 waren in den Räumen der STA, 3 bei den Bewährungshelfern untergebracht. In den nachfolgenden Jahren gab es eine Verlagerung in die Räume der STA. In den Verwaltungsvorschriften wurde letztlich die Verankerung und räumliche Anbindung bei den Staatsanwaltschaften aufgenommen. Bei dem Vergleich der Gerichtshilfeaufträge pro Jahr konnten zwischen den Gerichtshilfen weiterhin Unterschiede festgestellt werden. Wurden die Auftragszahlen mit der räumlichen Platzierung in den Staatsanwaltschaften betrachtet, ergaben sich weitere Anhaltspunkte für die Auswirkungen in der Beiziehung der Gerichtshilfe. Markant belegte sich dieses an Standorten mit Büroveränderungen (Ulm, RV, RW, Hch, HN, S, KA). Immer wenn eine Ausverlagerung erfolgte, gingen die Aufträge durch die Dez. der Ermittlungsabteilungen zurück.

Ein gegenläufiger Trend war bei der Integration der Büro’s im STA-Kernbereich zu erkennen. Ein  GMO- Gutachten über die Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften unterstrich die Bedeutung der räumlichen Nähe  in der Zusammenarbeit.

Einstellungssituation und Erwerb von spezieller Fachlichkeit für das Tätigkeitsfeld Gerichtshilfe

Einstellungsvoraussetzungen: Dipl. Soz.päd. / Soz.arb., staatliche Anerkennung.

Aus der ersten Dienstordnung vom 8.3.1973 ist ansonsten keine weitere Vorbedingung zu entnehmen. Auch im Landesgesetz und den Verwaltungsvorschriften über die Sozialarbeiter der Justiz von 1981  gehen keine weiteren Festschreibungen hervor. Es wird lediglich festgelegt, dass der Gerichtshelfer vor Beginn des Gespräches auf die Freiwilligkeit verweist, sowie auf ein mögliches Zeugnisverweigerungsrecht.

An anderer Stelle heißt es: „Soweit dies erforderlich ist, soll eine psychosoziale Anamnese, eine Diagnose und eine Prognose im Bericht enthalten sein.“ Der Gerichtshelfer darf erste soziale Hilfsmaßnahmen in Ausnahmefällen einleiten.  Er hat die auftraggebende Stelle davon zu unterrichten. Weitere Hinweise über Standards waren den Vorgaben zu dieser Zeit nicht zu entnehmen.

Die LAG Baden-Württemberg, in der die Gerichtshelfer organisiert waren, hat gegenüber dem Justizministerium darauf gedrängt, einen Methodik-Kurs einzurichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Kollegen sich ihre Erfassungsmethodik selbst gesucht und Anleihen überwiegend aus dem psychologischen Bereich genommen.

Erst mit dem Fortbildungskurs in der Methodik der Persönlichkeitserfassung von Straffälligen – durchgeführt in der Zeit von Januar 1991 bis Januar 1994 mit dem Institut für Kriminologie der Universität Tübingen – kam es erstmalig zur Einübung einer gemeinsamen Erfassungsmethodik.  Ziel für die gesamte Berufsgruppe war die Stärkung der Fachlichkeit durch das Einüben einer vereinheitlichten und überprüfbaren Arbeitsmethode für praxisgeeignete sozialpädagogische Diagnosen und Prognosen. Ein weiteres Ziel war die Schaffung einer Grundlage für die einheitliche Außendarstellung des Tätigkeitsbereichs der Gerichtshilfe in der Justiz und in der Öffentlichkeit. Alle Gerichtshelfer nahmen an dieser Ausbildung, die berufsbegleitend erfolgte, teil.

Zur Absicherung der erarbeiteten Qualitätsstandards wurde mit dem Justizministerium die fachliche Überprüfung aller in der Gerichtshilfe tätigen Sozialarbeiter abgesprochen und beschlossen. Entsprechendes wurde in die Verwaltungsvorschrift zum Landesgesetz (VwV-JSG) aufgenommen. Ab Dezember 2003 wurden beauftragte Gerichtshelfer bei den Generalstaatsanwaltschaften bestellt. Diese sollten die Überprüfung der fachlichen Arbeit der Gerichtshilfen bei den einzelnen

Staatsanwaltschaften in einem Abstand von zwei Jahren vornehmen. Außerdem sollten Anregungen für die Fortentwicklung der Gerichtshilfe gegeben werden.

Die Nachschauberichte wurden dem Generalstaatsanwalt vorgelegt. Im GenSta-Bezirk Stuttgart konnte hierdurch eine Angleichung der Berichtsformen erreicht werden. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Staatsanwaltschaften gab es Verbesserungen in der Beauftragung der Gerichtshelfer und eine stärkere Einbindung in die Arbeit der Ermittlungsabteilunge. Zusätzlich war durch die akzeptierte Zusammenarbeit mit den Behördenleitern, bei denen es noch externe Bürounterbringungen gab, eine direkte Büroanbindung in der Stammbehörde erreichbar (RW, HN).

Bundesweite Ausdehnung der Persönlichkeitserfassung und weiterer Berichtsstandards

Diese Zusatzausbildung zur methodischen Erfassung wurde in den nachfolgend genannten Bundesländern übernommen und durch Mitarbeiter des Instituts für Kriminologie, der Uni Tübingen und der ADG ausgeführt: Rheinland-Pfalz, Hessen, NiSa, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, NRW, SH. In mehreren Bundesländern entwickelte sich hieraus eine Fortbildungsserie mit weiteren Schwerpunkten wie z. B. über die Opferberichterstattung.

Als Feststellung bleibt der Hinweis, dass derartige fachliche  Kurse/Seminare nur dort positive Entwicklungen erbringen, wo die auftraggebenden Strafjuristen in der Praxis die Gerichtshilfe beauftragen. Letzteres hängt kausal mit den verschiedenen Vorbedingungen (Bürounterbringung, Ansiedlung, Kommunikation) zusammen. Auch hierüber sollten Informationen abgerufen werden. Unterlagen über die enge Zusammenarbeit zwischen Gerichtshilfe und den Dezernenten der STA Tübingen werden noch gesondert vorgelegt.

Prof. Dölling wurde vom JM BW mit der

Evaluation der Bewährungshilfe, der Gerichtshilfe und des TOA in BW beauftragt.

Rainer-Dieter Hering                                                                                  10.Februar 2013

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