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Gerichtshilfeentwicklung in Bayern

Über Querverbindungen – bayerische Bewährungshelfer nahmen Verbindung mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Bewährungshilfe in Rheinland-Pfalz auf, diese empfahl  eine Kontaktaufnahme mit der ADG – kam es zu Gesprächen mit den Kollegen der Bewährungshilfe von Verdi und  der ABB. Nach ersten persönlichen Unterredungen in München haben wir aktiv den Kontakt mit dem Sprecher der bayerischen Gerichtshelfer in Augsburg aufgenommen.

Ausgangspunkt war ein vom Justizministerium und der eingebundenen Zentralen Koordinierungsstelle Bewährungshilfe (ZKB) im Frühjahr 2015 begonnenes Modellprojekt im OLG-Bezirk Bamberg in Personalunion Bewährungs- und Gerichtshilfe zu erproben.

Im Gegensatz zu den seit Jahren tätigen Gerichtshilfestellen bei den Staatsanwaltschaften in München, Nürnberg, Augsburg, Memmingen und Würzburg sollte eine Kollegin in Bayreuth weiterhin in der dortigen Dienstelle der Bewährungshilfe verbleiben und von dort aus mit 50% der Arbeitszeit die Gerichtshilfearbeit umsetzen. Aus familiären Gründen gab es nach einer kürzeren Laufzeit eine Übergabe auf 2 Kollegen die mit jeweils 25% Gerichtshilfeaufgaben übernehmen sollten. Auch diese Sozialarbeiter blieben weiterhin bei ihren Bewährungshilfestellen.

Vorbereitung, Projektbeginn und auch der weitere Verlauf wurde nicht mit den vorhandenen Kollegen der Gerichtshilfe abgestimmt und auch die Interessensvertretungen der Bewährungshilfe -Verdi und ABB – haben erst deutlich später von dem angelaufenen Versuch erfahren.

In Abstimmung mit der ADG kam es dann zu Informationen und Abstimmungen über mögliche Reaktionen durch die Vertretungen der Praktiker. Weiteres ist aus den nachfolgenden Stellungnahmen zu

entnehmen.

 

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ADG – Arbeitsgemeinschaft Deutsche Gerichtshilfe e. V.

An das Bayerische Staatsministerium der Justiz

Herrn Staatsminister der Justiz Prof. Dr. Winfried Bausback

Justizpalast am Karlsplatz

Postfach

80097 München

 

Nachrichtlich an die

1)    Herren Präsidenten der Oberlandesgerichte

2)    Herren Generalstaatsanwälte bei den Oberlandesgerichten Bamberg, München und Nürnberg,

3)    Leitenden Oberstaatsanwälte der Staatsanwaltschaften mit Gerichtshilfen in Augsburg, Memmingen, München, Nürnberg und Würzburg

Gerichtshilfe, die soziale Ermittlungshilfe der Staatsanwaltschaften

-       Entstehung, Zielsetzung, Fortentwicklung der Strafrechtspflege  -

 

Sehr geehrter Herr Staatsminister,

aus Anlass der modellhaften Einführung bzw. Erprobung der Gerichtshilfe in Bayreuth und Bamberg bei der Bewährungshilfe möchten wir Ihnen sowie Ihren zuständigen Mitarbeitern die folgende Darstellung der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Gerichtshilfe (ADG) übermitteln.

Unsere Ausführungen berücksichtigen sowohl die Entstehung, Entwicklung, Verwirklichung des Gerichtshilfegedankens in der heutigen Strafrechtspraxis, den Einfluss der Organisationsform und Strukturen, die Aufgabenstellung, deren Verwirklichung, der merklichen Einsparpotentiale für den Justizhaushalt, wie auch die Gesichtspunkte der Effektivität und Effizienz in der Aufgabenerledigung.

Bei den Ausführungen können wir auf unsere Mitwirkung vor der Einführung der Gerichtshilfe in Bayern und zudem auf die in anderen Bundesländern gewonnenen Eindrücke und Erkenntnisse zurückgreifen.

Ich selbst war in meiner Funktion als Vorsitzender des Präsidiums der ADG (Informationen dazu allgemein: http://www.adg-gerichtshilfe.de/) zusammen mit dem damaligen LOStA der Staatsanwaltschaft Tübingen in den Jahren 1977/78 von dem damaligen Leiter der Strafrechtsabteilung Ihres Hauses, Herrn Prof. Dr. Odersky, nach München eingeladen worden, um ihm sowie dem Behördenleiter der GenStA München und den LOStA der Staatsanwaltschaften München I und München II über die Erfahrungen mit der Praxis des Einsatzes der Gerichtshilfe in Baden-Württemberg zu berichten.

Hierbei ging es besonders um die Erreichbarkeit der frühestmöglichen Einschaltung der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren. Zum damaligen Zeitpunkt wurde die im Jahr 1974 eingeführte Gerichtshilfe Tübingen in 68% aller Beauftragungen im Ermittlungsverfahren beauftragt. Im Rahmen dieser schon für sich erfreulichen Entwicklung fand bei den bayerischen Diskussionsteilnehmern insbesondere die Zusammenarbeit der Dezernenten und Gerichtshelfer besonderes Interesse. Im späteren Verlauf wurden wir auch bei dem weiteren Aufbau der Gerichtshilfen in Nürnberg und Augsburg konsultiert.

Um wichtige Grundlagen für die Aufgabenerreichbarkeit herauszustellen, werden wir auf die Entwicklung der Gerichtshilfe, auf die Situation in Bayern und in den anderen Bundesländern eingehen.

Hier zunächst einige skizzenhafte Bemerkungen zur geschichtlichen Entwicklung des Gerichtshilfegedankens in der sozialen Strafrechtspflege.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert vollzog sich in der Strafrechtwissenschaft ein Wandel hin zur sozialen Zweckstrafe. Die auf Franz von Liszt aufbauende Strafrechtschule betonte den Zweckcharakter der Strafe. Bei der Bestrafung des Rechtsbrechers sollte nicht mehr alleine die Tat als normverletzender Vorgang im Mittelpunkt stehen, vielmehr galt es, die Tat eines bestimmten, durch seine persönliche und soziale Eigenart geprägten Täters zu beurteilen. Dies implizierte bei den juristischen Praktikern die Notwendigkeit einer verstärkten Beschäftigung mit den persönlichen und sozialen Verhältnissen des Rechtsbrechers. So kam es mit Billigung der Justizverwaltung in Preußen bereits im Jahr 1915 zum Einsatz von Fürsorgern (Sozialarbeitern), denen es von Amts wegen oblag, sowohl die persönlichen und familiären Verhältnisse des Straftäters als auch die sozialen Hintergründe der Straffälligkeit zu erforschen.

Generell waren es Strafjuristen, die als die treibenden Kräfte zur Errichtung einer „Gerichtshilfe“ wirkten, und nicht, wie man vielleicht erwarten würde, die Wohlfahrtsverbände oder private Initiativen. Es kam dann über Preußen hinaus sehr zügig zu justizeigenen hauptamtlich angestellten Ermittlern für die gestellten Aufgaben der Persönlichkeitserforschung. Mithin ist bei der Gerichtshilfe ganz eindeutig ein anderer prägender Ursprung und Umgang im Vergleich zur (schon länger existierenden) Gefangenenfürsorge, sowie zur (erst deutlich später etablierten) Bewährungshilfe gegeben. Damals so bezeichnete „Fürsorgerische Hilfen“ wurden durch die sich als „Rechtseinrichtung“ verstehenden Gerichtshilfestellen ganz explizit nicht geleistet.

Im Großkommentar Löwe-Rosenberg „Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz“ wird zum §160 Abs3 StPO aktuell eine vergleichbare Erläuterung gegeben: „… die Gerichtshilfe hat alle Erkenntnisquellen zu nutzen und muss die Wirklichkeit objektiv feststellen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich für den Beschuldigten positiv oder negativ auswirken kann, sie ist Ermittlungsorgan und nicht Fürsorgebehörde.“

Weil Artikel 294 EGStGB in die Organisationsbefugnis der Bundesländer von Anfang bis heute nicht eingreift, bestanden früher und bestehen bis heute bzw. entstehen auch heute erneut höchst unterschiedliche Gerichtshilfeorganisationsformen.

Für Bayern kann man zunächst im Rückblick kurz folgendes feststellen: Das Bayerische Staatministerium der Justiz gab in seinem Schreiben an die Behördenleiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften vom 22.08.1977 Hinweise über die mögliche Zuordnung der Gerichtshilfe zu den Staatsanwaltschaften alternativ zu den Landgerichten. Die jeweiligen Auswirkungen wurden dargestellt und die Gerichte und Staatsanwaltschaften entsprechend informiert sowie dem üblichen Vorgehen entsprechend gebeten, zum Entwurf Stellung zu nehmen und die Äußerungen dem Ministerium zuzuleiten. Mit Blick darauf, dass damals die vorrangige Aufgabe der Gerichtshilfe länderübergreifend als Ermittlungshilfe beschrieben wurde, und die Staatsanwaltschaft eben als Herrin des Ermittlungsverfahrens galt und bis heute gilt, ging der Tenor der Rückmeldungen im Kern dahin, dass sich die substantielle und rechtliche Zielsetzung des Gerichtshilfeeinsatzes bei einer Eingliederung in diese Behörde leichter und besser verwirklichen lassen würde. Die Folge war am Ende des Klärungsprozesses tatsächlich die Zuordnung der Gerichtshilfe zur Staatsanwaltschaft.

Im Lauf der Jahre waren infolge der ansteigenden Beauftragung von Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfern für Belange des Nachverfahrens Komplikationen und andere ungünstige Entwicklungen aufgetreten.

Dies verdeutlichen im vergleichenden Rückblick auch Berichte aus mehreren anderen Bundeländern.

So hatte etwa in Nordrhein-Westfalen der Generalstaatsanwalt beim OLG Hamm 1987 (4205 GStA.1.208) den Einsatz der Gerichtshilfe vor Anklageerhebung bei den Staatsanwaltschaften Münster und Hagen verfügt, nachdem seine vorherigen, und mehrfachen, Hinweise auf eine Beiziehung der Gerichtshilfe gemäß §160 Abs.3 StPO keinen nachhaltigen Erfolg gezeigt hatten

In Münster hatte der Leitende Oberstaatsanwalt durch Hausverfügung angeordnet, dass die Gerichtshilfe in allen Jungendschutzsachen gegen Erwachsene und in allen Verfahren, in denen die öffentliche Klage gegen Erwachsene vor dem Landgericht erhoben werden sollte, zu beauftragen sei. Weiter hieß es dort: „außerdem muss der Dezernent in der Begleitverfügung die Gründe darlegen, weshalb die Einschaltung der Gerichtshilfe unterblieben ist“.

In Hagen hatte der Lt. Oberstaatsanwalt per Hausverfügung angeordnet, dass die Gerichtshilfe grundsätzlich in jedem Fall vor Erhebung einer Anklage in Kapitalstrafsachen, bei schweren Sexualdelikten oder bei Kaufhausdiebstählen einzusetzen sei. Ausnahmen von dieser Regelanordnung mussten durch Vorlage der Handakten vor Zeichnung der Anklageschrift des Bearbeiters dem Abteilungsleiter schriftlich begründet werden.

Nach der Rückmeldung an den Generalstaatsanwalt ergab sich danach eine „erhebliche“ Steigerung beim Einsatz der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren. Das Hagener Modell hat zu einer Versechsfachung des Einsatzes der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren gegenüber dem vorherigen Jahr geführt und ist dann im darauf folgenden Berichtsjahr nochmals fast verdoppelt worden.

Die Ergebnisse bei den Modellversuchen wurden günstig bewertet. Gründe für eine zurückhaltende Beauftragung in einigen Deliktsfeldern bewertete der Generalstaatsanwalt mit der Bearbeitungsart von Dezernenten, die vornehmlich tatbestandsbezogen und weniger rechtsfolgenbezogen seien. Der Einsatz der Gerichtshilfe wurde von diesen Dezernenten als störend empfunden, weil die Annahme vorherrschend war, der Verfahrensabschluss würde in der Regel verzögert.

In dieser Perspektive ist die räumliche Nähe oder Distanz zu den Ermittlungsabteilungen von ganz zentraler Bedeutung. In NRW gab es bis zur Einführung des Sozialdienstes der Justiz – mit der Zusammenführung von Bewährungs- und Gerichtshilfe bei den Landgerichten – bei jeder Staatsanwaltschaft eine Gerichtshilfe mit mindestens zwei Planstellen. Der Gerichtshilfe-Einsatz im Ermittlungsverfahren war unterschiedlich ausgeprägt. Sowohl bei großen Staatsanwaltschaften wie in Köln und mittleren bis kleineren Staatsanwaltschaften u.a. Detmold, Bielefeld, Arnsberg, gab es hohe Auslastungen u.a. bei der Opferberichterstattung und in unterschiedlichen Deliktfeldern.

Gleichfalls gab es Dienststellen mit einer geringen Auslastung der Beauftragung im Ermittlungsverfahren. Die Gründe bei der letzteren Gruppe ergeben sich u.a. aus der deutlichen räumlichen Distanz und nur geringen persönlichen Treffen sowie Gesprächen. Sowohl die Zuweisung der Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer in Diensträume bei der Bewährungshilfe als auch ihre Unterbringung in externen angemieteten Häusern oder im Bereich der Vollstreckungsabteilungen zeigten erkennbar negative Auswirkungen auf die Art der Gerichtshilfebeauftragung und die Intensivität der Zusammenarbeit zwischen den Dezernenten der Ermittlungsabteilungen und der Gerichtshilfe.

Hierdurch ergaben sich auch die unterschiedliche Wahrnehmung der Gerichtshilfe durch die Behördenleitungen und Abteilungsleitungen. Nachhaltig wurde der Einfluss der räumlichen Nähe zu den Ermittlungsabteilungen in der zu erwartenden Richtung erkennbar, wenn nachträglich räumliche Veränderungen bei Staatsanwaltschaften eintraten und hierdurch entweder die Gerichtshilfe zentral bei der Staatsanwaltschaft ihre Büros erhielt oder eben umgekehrt ausgelagert wurde. Derartige Entwicklungen traten wiederholt an vielen Standorten und in mehreren Bundesländern ein. In Baden-Württemberg wurde deshalb in der AV zum Gesetz über die Sozialen Dienste der Justiz ausgeführt, dass die Diensträume der Gerichtshilfe in den Baulichkeiten der Staatsanwaltschaft liegen müssen.

In Nordrhein-Westfalen ließ sich eindrücklich folgendes feststellen: In den Staatsanwaltschaften mit unmittelbarer Büroanbindung (wie z. B. in Köln, Detmold, Arnsberg, Hagen, Düsseldorf) konnte eine gute bis sehr gute und direkte Zusammenarbeit zwischen Dezernenten und den Gerichtshelfern festgestellt werden; dort wurde die Gerichtshilfe im Sinne des §160 Abs. 3 StPO beauftragt, und die angeforderten Berichte wurden dann auch rechtzeitig vor Abschluss des Ermittlungsverfahrens den Auftraggebern vorgelegt. Diese konnten die Erkenntnisse somit für ihre Endverfügung verwerten. Umgekehrt bedeutete es dort, wo die Gerichtshilfe zwar Teil der Staatsanwaltschaft war, tatsächlich aber räumlich deutlich von den Ermittlungsabteilungen getrennt arbeitete, und etwa mit der Bewährungshilfe in Bürogemeinschaft untergebracht war, eine Auftragsverlagerung in das Nach- und Vollstreckungsverfahren eintrat.

Eine vergleichbare Situation gab es in Niedersachsen vor der Einführung des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Justiz. Vorher gab es in vielen Staatsanwaltschaften, wie namentlich bei den Staatsanwaltschaften in Verden/Aller, Oldenburg und Göttingen, hohe bis sehr hohe Auslastungen bei den Persönlichkeitsberichten, dem TOA, der Opferberichterstattung und in Fällen der häuslichen Gewalt .Seit der Implementation des Allgemeinen Sozialen Dienstes ist die Arbeit der Gerichtshilfe im Ermittlungs- und Vorverfahren flächendeckend, eigentlich flächen-nichtdeckend, kaum mehr feststellbar. Zudem geben die Statistiken überwiegend nur noch zusammengefasste Zahlen, wenig differenziert nach den Verfahrensständen, wieder.

Auch in den nach der Wiedervereinigung neu entstandenen Bundesländern gab es deutliche Unterschiede in der Beziehung der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren.

Die Zusammenarbeit der Staatsanwälte mit der Gerichtshilfe beispielsweise in Sachsen, die dort in den ersten Jahren einen Teil der Ermittlungsbehörden bildete, führte zu einer zügigen Beauftragung im Ermittlungsverfahren. Die Zusammenarbeit mit den Behördenleitern und Dezernenten, die aus Bayern und Baden-Württemberg kamen war dank der Unterstützung durch den Generalstaatsanwalt außerordentlich ergiebig, da die dort tätigen Juristen die Tätigkeit der Gerichtshilfe als Teil der Staatsanwaltschaften aus ihren vorherigen Behörden in ihren Herkunftsländern gut kannten.

Nach der überraschenden Bildung des einheitlichen Sozialdienstes der Justiz gegen deutliche und fachlich begründete Widerstände der LG-Präsidenten, wobei völlig unverständlicherweise die Behördenleiter der Staatsanwaltschaften bei den Entscheidungen überhaupt nicht beteiligt wurden, kam es zur Anbindung an die Landgerichte. Sehr „zügig“ folgte dann in Sachsen eine Auftragsverlagerung in das Vollstreckungsverfahren. Da die Gerichtshelfer nunmehr nicht mehr Teil der gemeinsamen Behörde Staatsanwaltschaft waren, wo sich die vormals zusammen in einer Behörde untergebrachten Fachleute sich und ihre Bearbeitungsqualifikationen kannten/wertschätzten, gab es übergangsweise in Einzelfällen noch eine Beauftragung durch Staatsanwälte. Aber alsbald war die vom Gesetzgeber nahegelegte Beauftragung der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren nicht mehr nennenswert existent.

Bei der Hinwendung zur Gegenwart und den geplanten weiteren Reformen kann man strukturell überall vergleichbare Problemlagen konstatieren.

Für Bayern sei einleitend konstatiert: Der Hinweis der „Zentralen Koordinierungsstelle Bewährungshilfe“ auf die Erfahrungen in den anderen Bundesländern, die überwiegend den einheitlichen Sozialdienst der Justiz eingeführt haben, geht nur auf die Organisationsformen ein und sagt, wenn man so will völlig folgerichtig, schlicht nichts zu den inhaltlichen Arbeitsschwerpunkten und eingetretenen Arbeitsergebnissen aus. Die Gründe dafür müssen wir mangels Insider-Einsicht völlig offenstehen lassen, meinen aber, dass genau solche Aussagen im Kern der Erörterung stehen müssten.

Beim Betrachten der Organisationsformen, der Aussagen über angestrebte Arbeitsbereiche und der Erfassung und Bewertung der „am Ende“ tatsächlichen erzielten Ergebnisse wird deutlich:

Nur dort, wo die Gerichtshilfe Teil der Staatsanwaltschaften ist, werden die der Gerichtshilfe zugeschriebenen Aufgaben im Ermittlungs- und Vorverfahrensbereich erreichbar. Der Faktor räumliche Nähe der Gerichtshilfe zu den Ermittlungsabteilungen ist erfolgsausschlaggebend.

Alle anderen Organisationsformen haben die vom Bundesgesetzgeber, den Landesgesetzen, deren Ausführungsbestimmungen und/oder „Allgemeinen Verfügungen“ beschriebenen vorrangigen Gerichtshilfeeinsatz im Ermittlungsverfahren nicht erreicht. Im Gegenteil, der einheitliche Sozialdienst der Justiz, die Zusammenführung von Bewährungs- und Gerichtshilfe in Personalunion, angesiedelt bei den Landgerichten, alternativ bei den Oberlandesgerichten, direkt angekoppelt beim Justizministerium (Sachsen-Anhalt) oder bei einer Landesbehörde(MV), weist übereinstimmend die reduzierte bis völlige Aufgabe dieses Arbeitsbereiches auf.

Allen Kundigen im Arbeitsfeld ist mithin, noch einmal pointiert formuliert, eines völlig klar: In denjenigen Ländern bzw. Einrichtungen, die ohne jegliche verbindliche Funktionszuteilung von rechtlich und faktisch sehr divergierenden Leistungen einzelner „Dienst-Teile“ buchstäblich „bürokratisch gemeinsame“ Dienste der Bewährungs- und Gerichtshilfe bei den Landgerichten eingeführt haben, läutet für die soziale Ermittlungshilfe und die damit verbundenen Schwerpunkte wie z. B. dem Verfahren wirklich dienliche Persönlichkeitsberichterstattung oder Opferberichterstattung, bildlich gesprochen, die Totenglocken.

In Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gab es Zeiten und Bereiche, in denen ein genereller „Sozialdienst der Justiz“ mit den gerade beschriebenen Folgen arbeitete. Erst nach der Auflösung des gemeinsamen Sozialdienstes kam es  zu der jetzt überwiegenden Beauftragung im Vorverfahren. Dies war, von den im Feld aktiv Handelnden her betrachtet, ein Resultat der juristischen und sozialarbeiterischen Praxis an der Basis, getragen von der sachorientierten und zielführenden Unterstützung der Generalstaatsanwälte und Behördenleiter.

Die Entwicklung in Rheinland-Pfalz sei nachstehend als erkenntnisförderndes Beispiel etwas näher beschrieben, weil es sich an deren vorläufigen Ende um ganz aktuelle Befunde handelt.

In Rheinland-Pfalz war der Sozialdienst der Justiz zum 1.1.1975 bei den Landgerichten mit Aufgaben der Bewährungshilfe, der Führungsaufsicht und Gerichtshilfe zu einer einheitlichen Dienststelle der Strafrechtspflege zusammengefasst worden. Nach der AV SozDJ Rheinland-Pfalz waren für die Erledigung der Persönlichkeitsermittlungen hauptamtlich tätige Gerichtshelfer vorgesehen. Tatsächlich aber arbeitete in den Dienststellen kein einziger allein für die Gerichtshilfetätigkeit zuständiger Sozialarbeiter. Vielmehr sollten die Persönlichkeitsnachforschungen von den in der Dienststelle vorhandenen Bewährungshelfern nebenher wahrgenommen werden.

Die staatsanwaltliche Praxis nahm die Gerichtshilfe erst dann zur Kenntnis und beauftragte sie „in erster Linie“ im Vor- und Hauptverfahren die Persönlichkeit eines Beschuldigten zu ermitteln, als dieser Sozialdienst bei der Ermittlungsbehörde angesiedelt wurde. Es gab seither eine ständige Aufwärtsentwicklung in der Gerichtshilfetätigkeit im Ermittlungsverfahren.

Mit Beginn der derzeit noch laufenden Legislaturperiode des Landtags von Rheinland-Pfalz startete die Landesregierung, konkret das Justizministerium, einen erneuten Versuch zur Einrichtung eines einheitlichen Sozialdienstes. Dieses Vorhaben stützte sich auf Festlegungen im Koalitionsvertrag zwischen der SPD und der Partei Die Grünen/Bündnis 90. Die Grundlinie bestand darin, diesen Sozialdienst den Landgerichten zuzuordnen; kurzzeitig war alternativ ein Plan angedacht worden, eine neu zu schaffende Landesbehörde einzurichten. Für eine abstrakt gesehen erstaunlich, für die Gerichtshilfe freilich erfreulich hohe Zahl von Praktikern war es dann ein nachhaltig verfolgtes Anliegen, den als fruchtbar erlebten Weg der Gerichtshilfe als einer sozialen Ermittlungshilfe speziell der Staatsanwaltschaften weiter zu gehen, und dabei durchaus Fortentwicklungen mit zu tragen. Im Lauf der Diskussionen auf vielen Ebenen und in vielen Behörden gab es am Ende ein ganz große „Koalition der Praxis“: Sowohl die Oberlandesgerichte, Land- und Amtsgerichte, die Generalstaatsanwälte, die leitenden Oberstaatsanwälte wie die juristischen und sozialarbeiterischen Fachleute der Bewährungs- und Gerichtshilfe, gleichfalls die justizpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen waren sich einig, dass der einheitliche Sozialdienst der Justiz , so wie er in dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien ursprünglich beschlossen worden war, nicht tauglich sei für die Erreichbarkeit der erforderlichen substantiellen Gerichtshilfearbeit im Ermittlungsverfahren. Endgültig wurde das Vorhaben dann im November 2014 vom Landtag mit den Stimmen aller drei Fraktionen „beendet“.

Die Verantwortlichen in der ADG halten dieses Ergebnis für absolut folgerichtig. Freilich wollen wir uns nicht vorwerfen lassen, die „Staatsanwaltschaft-Lösung“ pauschal für mängelfrei zu halten. Vielmehr sind wir uns dabei aus inzwischen jahrzehntelanger Erfahrung, gestützt auf Berichte der Gerichtshelferinnen und Gerichtshelfer vor Ort sowie auf andere Berichte und gelegentliche Erhebungen, über folgendes völlig klar: Auch wenn „an sich“ die Vorteile einer bei den Staatsanwaltschaften angesiedelten Gerichtshilfe, wie in Hessen und auch Bayern, akzeptiert sind, schließt dies „für sich“ genommen konkret nicht aus, dass die Einschaltung der Gerichtshilfe zwischen den Staatsanwaltschaften divergiert und dass es selbst innerhalb einzelner Staatsanwaltschaften etliche Dezernenten gibt, welche die Gerichtshilfe nur selten einschalten oder ganz grundsätzlich nicht beauftragen und dies nach außen erkennbar auf die eine oder andere Art auch kommunizieren

Wir meinen hierzu, dass es stets angesagt ist, zunächst die gesamte „reale Lage vor Ort“ in ihren teils komplexen Facetten zu analysieren, und erst darin eingebettet dann etwaige „personelle Besonderheiten“ anzugehen.

Trotz der gesetzlichen Vorgaben und der Ausführungen in den Gesetzeskommentaren war der Aufbau und Einsatz der Gerichtshilfe schon früher auch in den Bundesländern mit einer Anbindung dieses Dienstes an die Staatsanwaltschaften kein „Selbstläufer“. In jedem Bundesland gab es unterschiedliche Gerichtshilfesituationen, und zwischen den Bundesländern war ein unterschiedlicher Gerichtshilfeaufbau zu erkennen.

Die Entwicklung hin zu einer positiven Gerichtshilfesituation hing ungeachtet solcher Unterschiede nach unserer Erfahrung entscheidend davon ab, ob sich überhaupt Personen bzw. Personengruppen fanden, und insbesondere solche mit Spezialerfahrung und Einsatzbereitschaft, die nachhaltig daran arbeiteten, bestehende Situationen zielorientiert anzusprechen mit dem Ziel, erkannte Fehler künftig  zu vermeiden und darüber hinaus Verbesserungen zu erreichen.

In Baden-Württemberg beispielsweise gab es beachtliche Anstrengungen, als sich noch in den Jahren bis 1990 deutliche Unterschiede in der Beauftragung der Gerichtshilfe herausstellten. Schrittweise wurden Lücken, Problemfelder und Mängel behoben, nicht zuletzt durch den ständigen Kontakt und Willen aller Beteiligter unter Einschluss der Strafrecht- und Personalabteilung sowie der beiden Generalstaatsanwälte. Aus den Reihen der Gerichtshilfe wurden Weiterbildungsangebote mit dem Justizministerium und dem Kriminologischen Institut der Universität Tübingen (Prof. Dr. Kerner) entwickelt und berufsbegleitend über drei Jahre durchgeführt.

Der Täter-Opfer-Ausgleich im allgemeinen Strafrecht konnte entscheidend von der ADG mitentwickelt werden, ebenso die „Opferberichterstattung“ im Ermittlungsverfahren. Zu letzterer ist hier, ohne Raum für Detailerörterungen, mit aller Deutlichkeit hervorzuheben, dass sie keine zusätzliche Betreuungs- oder Begleitform darstellt oder beinhaltet, wie sie von Opferhilfen bundesweit, regional und/oder spezialisiert für bestimmte Personen/Gruppen angeboten werden.

Diese Darstellungen sollen hier nur exemplarisch für die Innovationsbereitschaft der Praktiker genannt werden, die nicht nur in den jeweiligen Stammbehörden, sondern nachhaltig bei dem Fachministerium wie auch bundesweit zur Kenntnis genommen wurden.

Mit dem Beschluss der Landesregierung Baden-Württemberg, die „Privatisierung“ der Bewährungs- und Gerichtshilfe im Wege der Übertragung auf die „Neustart Baden-Württemberg“ (gGmbH) nach dem Auslaufen des Vertragszeitraumes wieder zurückzunehmen, wird eine Chance erkennbar, die auch unter „Neustart“ sehr notleidend gewordene sozusagen primäre Gerichtshilfe (im Ermittlungsverfahren) in staatlicher Regie der einen oder anderen (wohl noch nicht eindeutig politisch und rechtlich entschiedenen) Art neu zu beleben.

Für den Freistaat Bayern, das Fachministerium, wie die Behördenspitzen gilt es unseres Erachtens zuerst einmal, die Lage an den einzelnen Standorten der Gerichtshilfe genau zu erheben, und dabei von den Praktikern anschaulich dargestellt zu erhalten, was „vor Ort“ die Situation prägt. Aus unserer Sicht sollte daneben die Darstellung des Ministeriums vom 22.08.1977 wie eine Folie darübergelegt werden. Die Auftragsentwicklung in den ersten Jahren ist im Gegensatz zur Jetztsituation, sowohl in München, wie danach in Nürnberg zu beurteilen da es Auftragseingänge aus dem Ermittlungsverfahren gab.

Zu den Fragen, die sich stellen und einer objektiven Erhebung und dann sorgfältigen Gewichtung bedürfen, gehören – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die folgenden:

  • Welche fachliche Verbesserung in der Zusammenarbeit (miteinander, nicht nach-oder nebeneinander) zwischen den Staatsanwälten und Gerichtshelfern sind unter Beibehaltung der organisatorischen Anbindung an die Ermittlungsbehörden erreichbar?
  • Welche Anhaltspunkte aus den organisatorischen wie auch strukturellen Situationen in den anderen Bundesländern können erfasst und berücksichtigt werden?
  • Was kann einigermaßen verlässlich vorhersehbar mit Hilfe der Gerichtshilfe an Zeitverbrauch, Mitarbeitereinsatz, Verfahrensverkürzung erreicht werden?
  • Inwieweit vergrößern bzw. erleichtern die durch den Einsatz der Gerichtshilfe beigebrachten Befunde der Staatsanwaltschaft die alltägliche Arbeit, insbesondere den Entscheidungsrahmen für abschließende Verfügungen dergestalt, dass die gefundenen Lösungen alsbald und auf Dauer infolge allseitiger Akzeptanz „bestandskräftig“ werden?
  • Welche Auflagen oder Weisungen haben sich, basierend auf Befunden oder gelegentlich vielleicht sogar ausdrücklichen Anregungen der Gerichtshilfe, insbesondere bei „sanktionierendem“ Absehen von der weiteren Strafverfolgung gemäß § 153a StPO, als entsprechend zielführend erwiesen?
  • In welchen Konstellationen haben sich Strafbefehlsanträge problemlos bewährt und in welchen anderen Konstellationen hat sich wiederholt bis hartnäckig gezeigt, dass am Ende die Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde, repräsentiert durch die Rechtspfleger, mit Bearbeitungsproblemen konfrontiert wird, denen sie als Ermittlungsbehörde durch den Einsatz der Gerichtshilfe hätte vorbeugen können?
  • Kann man Erkenntnisse durch Forschungsaufträge oder hilfsweise qualitative Praktikerbefragung darüber gewinnen, ob Gerichthilfebefunde hilfreich für die Entscheidung waren, eine Anklage vor dem Einzelrichter, vor dem Schöffengericht oder der Strafkammer des Landgerichts zu erheben?
  • Wie kann man organisatorisch und methodisch wie inhaltlich gestaltend einen nützlichen Einfluss von Gerichtshilfebefunden gewährleisten und vertiefen: auf die Wahrheitsfindung vor Gericht und erst recht auf die Sanktionswahl (erkennendes Gericht) sowie auf die Sanktionsverwirklichung (Vollstreckungsbehörde, Vollstreckungsgericht, primäre Bewährungshilfe, Vollzugsbehörde, sekundäre Bewährungshilfe nach der bedingten Entlassung, nicht zu vergessen die Führungsaufsicht)?

Mit dem Bundesgerichtshof wird man nach wie vor im Kern das Folgende zu beachten haben: „Ohne die Kenntnis der Täterpersönlichkeit lässt sich weder das Maß der persönlichen Schuld eines Täters noch Maß und Art seiner Resozialisierungsbedürftigkeit, insbesondere nicht seine Strafempfindlichkeit, beurteilen.“ (BGHSt 7,28,31). Nicht nur, aber auch, aus der Sicht der Gerichtshilfe ist darüber hinaus zu bemerken, dass spätestens mit der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI vom 25. Oktober 2012 (EU-Opferrichtlinie) die zutreffende Entscheidung über Tatbestand und Täterpersönlichkeit hinaus eine individuelle Abwägung auch der Opfersituation erfordert.

Der von der ADG entwickelte Opferbericht bietet keine zusätzliche Betreuungs-und Begleitfunktion an, wie sie von Opferhilfen durchgeführt werden. Diese Berichte, auf freiwilliger Basis  und durch Gespräche mit den Opfern erstellt, die als Zeugen  in die Hauptverhandlungen geladen werden, den sollen den Strafjuristen aktuelle Hinweise über die Situation der betroffenen Personen vermitteln. Der Opferbericht durch Gerichtshelfer erweitert den juristischen Blickwinkel substanziell.Meist ist in den Ermittlungsakten nur die Opfersituation zum Zeitpunkt der polizeilichen Geschädigtenvernehmung enthalten. Weitere Ausführungen finden sich hierzu in der NStZ in einem Aufsatz von Hölscher/Dr.Trück/Hering. Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 26.09.2007(1StR 276/07) festgestellt:

Die Opferberichterstattung durch die Gerichtshilfe stellt ein wichtiges strafprozessuales Element dar, um der Subjektrolle im Strafverfahren angemessen Geltung zu verschaffen.

In all diesen und weiteren Fällen ist eine Abwägung in Fragen der Prozessökonomie gemäß den Stichworten von (auch) „Justiz als einer begrenzten Ressource“ und „alternativer Konfliktbeilegung“ als Ressource für Individualfrieden, Sozialfrieden sowie Rechtsfrieden mit zu bedenken und insoweit auch aus der Sicht einer justiznahen Sozialarbeit/Sozialpädagogik legitim. Die ADG ist der Ansicht, das frühzeitige Ermittlungen der Gerichtshilfe mehr als nur ein Scherflein zu solchen produktiven Lösungen beitragen können. Diejenigen Auftraggeber, welche die Gerichtshilfe – wenn überhaupt – erst nach Anklageerhebung beiziehen, verzichten, ob gewollt oder unbeabsichtigt, nicht nur auf ein ganzes Bündel von entscheidungsrelevanten Hinweisen; vielmehr tragen sie in der Substanz dazu bei, dass häufiger als sonst Rechtsmittel eingelegt werden und somit durch den Fortgang eines Verfahrens vermeidbare Kosten erzeugt werden.

Abschließend bitten wir darum, uns an der in Bayern gestarteten Versuchsreihe zu beteiligen, uns mindestens eine Möglichkeit zu eröffnen, bei der Auswertung von Befunden unsere Erfahrungen mit einbringen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Rainer-Dieter Hering

ADG- Präsidium

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Bitte Anklicken:   Stellungnahme Bayerisches Staatsministerium der Justiz

 

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Ver.di Fachkommission Bewährungshilfe Bayern informiert:

 

Januar 2016

Stellungnahme gegen eine geplante Zusammenlegung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Bayern

Zuletzt hat sich das Bundesland Rheinland-Pfalz Ende 2014 nach langer intensiver Diskussion in einem transparenten Prozess mit allen Beteiligten gegen eine Zusammenlegung von Bewährungs- und Gerichtshilfe entschieden. Erfreulicherweise haben die fachlichen Argumente der tatsächlich in der Praxis mit Bewährungs- und Gerichtshilfe befassten Beteiligten inklusive der Staatsanwaltschaften und der Landgerichtspräsident*innen dabei den Ausschlag gegeben.

Im Dezember 2014 erfolgte von unserer Seite eine erste vorläufige Stellungnahme über die geplante Zusammenlegung in Bayern. Wir nehmen darauf Bezug und gehen nochmals auf die wichtigsten Argumente ein:

Bewährungshilfe und Gerichtshilfe haben unterschiedliche Aufträge, Arbeitsgebiete und Arbeitsformen, die grundsätzlich unvereinbar sind.

Nach § 56 d StGB unterstellt ein Gericht eine verurteilte Person der Aufsicht und Leitung von Bewährungshelfer*innen, wenn dies angezeigt ist, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten. Gleiches gilt für Jugendliche nach § 24 JGG.
Tätig werden Bewährungshelfer*innen ferner im Rahmen von Führungsaufsichten, die nach Vollverbüßung von Haftstrafen ab zwei Jahren oder der Aussetzung einer Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 61 ff. StGB) eintreten.

Laut gesetzlichem Auftrag stehen Bewährungshelfer*innen verurteilten Personen helfend und betreuend zur Seite und überwachen im Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen. Bewährungshilfe arbeitet damit subjektorientiert.

Die Dauer von Bewährungsaufsichten beträgt zwei bis fünf Jahre, bei Führungsaufsichten in Bayern meist fünf Jahre oder ist sogar unbefristet.

Gerichtshilfe soll dagegen vordringlich im Vorfeld einer möglichen Verurteilung, also im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft, tätig werden (§ 160 StPO), da sich ohne die Kenntnis der Täterpersönlichkeit weder das Maß der persönlichen Schuld eines Täters noch Maß und Art seiner Resozialisierungsbedürftigkeit, insbesondere nicht seine Strafempfindlichkeit, beurteilen lassen (BGHSt 7, 28, 31).

Nach dem Großkommentar von Löwe-Rosenberg zur StPO und dem Gerichtsverfassungsgesetz ist die Gerichtshilfe kein zusätzlicher Betreuungsdienst, sondern vorrangig eine soziale Ermittlungshilfe für die Strafjuristen. Die Gerichtshilfe hat dabei eine neutrale Rolle einzunehmen ohne Rücksicht darauf, ob sich die Ermittlungen positiv oder negativ für die Beschuldigten auswirken. Sie dient als Entscheidungshilfe für das Maß staatlicher Sanktionen und arbeitet damit auftragsorientiert.
In der Praxis bedeutet dies in der Regel einzelne Kontakte seitens der Gerichtshilfe zu Beschuldigten in einem kürzeren zeitlichen Rahmen auf freiwilliger Basis.

Zudem werden Bewährungshilfe und Gerichtshilfe in völlig unterschiedlichen Verfahrensständen tätig.
Es ist ein rechtsstaatlicher Grundsatz, dass Beschuldigte im Ermittlungsverfahren über sich selbst belastende Tatsachen schweigen dürfen. Aus diesem Grund erfolgt die Arbeit der Gerichtshilfe auch ausschließlich auf freiwilliger Basis.

Zudem sollte die jeweilige Klientel der Bewährungs- und Gerichtshilfe im Rahmen des informationellen Selbstbestimmungsrechts selbst entscheiden können, in welcher Phase und gegenüber welcher Person welche Informationen preisgegeben werden.
Wird Bewährungs- und Gerichtshilfe in Personalunion tätig, so wird dieses Grund- recht für ihre Klient*innen ausgehöhlt. Weder sie noch die Bewährungs- und Gerichtshelfer*innen können einmal Offenbartes in einem anderen Verfahrensstand verschweigen bzw. ausblenden.

Eine Zusammenlegung von Bewährungs- und Gerichtshilfe hat nicht nur negative Auswirkungen für die Klientel, sondern maßgeblich für die Qualität in der Bewährungshilfe.
Wenn die unterschiedlichen Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Personalunion wahrgenommen werden sollen – wie es in dem Modellprojekt erprobt wird – wird die Arbeitsgrundlage der Bewährungshilfe zerstört.

Auch wenn die Bewährungshilfe im sogenannten Zwangskontext verortet ist, ist die vertrauensvolle und langfristige Arbeitsbeziehung zwischen Bewährungshelfer*in und Klient*in unabdingbare Grundlage. Nur über diese vertrauensvolle Arbeitsbeziehung kann die Soziale Arbeit in der Bewährungshilfe ihre Wirksamkeit entfalten und an nachhaltig positiven Veränderungsprozessen mitwirken.

Die Wirksamkeit einer vertrauensvollen Arbeitsbeziehung auf die Rückfälligkeit der Klientel in der Bewährungshilfe wurde vielfach empirisch belegt (Blasko, Friedmann, Rhodes, & Taxman, 2015; Kennealy, Skeem, Manchak, & Louden, 2012; Morash, Kashy, Smith, & Cobbina, 2015).

Durch die damit verbundenen sozialarbeiterischen Methoden und Arbeitsweisen leistet die Bewährungshilfe einen wesentlichen „Beitrag zur Stärkung des inneren Friedens und der inneren Sicherheit“ (siehe Qualitätsstandards der bayerischen Bewährungshilfe, Vorwort, 7. Auflage, Stand: 01.09.2015, Hrsg.: Zentrale Koordinierungsstelle Bewährungshilfe).

Diese Grundlage wird erheblich gefährdet, wenn nicht zunichte gemacht, wenn Bewährungshelfer*innen auch im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Ermittlungs- verfahren tätig werden müssen.
Dies würde für die Praxis bedeuten, dass bereits zuständige Bewährungshelfer*innen im Zweifelsfall auch gegen „ihre“ Klientel im Gerichtshilfeverfahren an die Staatsanwaltschaft berichten müssen.

Und unabhängig von Einzelfällen ist mit einem gravierenden Vertrauensverlust der Klientel in die Bewährungshelfer*innen zu rechnen, wenn zukünftig die Bewährungshilfe grundsätzlich auch der Staatsanwaltschaft gegenüber berichtspflichtig ist.
Die bisherige Grundlage für eine vertrauensvolle und im Rahmen der Verschwiegenheitspflicht nach § 203 StGB geschützte Arbeitsbeziehung würde durch drohende Berichtspflicht im Ermittlungsverfahren konterkariert.

Zu einem grundlegenden intrapersonellen Rollenkonflikt kommt es darüber hinaus, wenn bei neuen Strafverfahren Bewährungshelfer*innen Informationen weitergeben, die ihnen in einem anderen geschützten Setting anvertraut wurden.

Entgegen der kriminalpolitischen Zielsetzung für die Gerichtshilfe hat sie sich insbesondere in Bayern dahin entwickelt, dass sie vorrangig im Nachverfahren sowohl von Staatsanwaltschaften als auch von Gerichten beauftragt wird, um Gründe zu ermitteln, warum von Verurteilten Auflagen und Weisungen nicht eingehalten werden. Auch bei diesen Aufträgen besteht lediglich punktueller Kontakt zum Verurteilten.

Soweit es den Auftraggeber*innen dabei nur um die Ermittlung von Fakten geht, könnten damit auch andere Berufsgruppen beauftragt werden (z.B. Rechtspfleger*innen, Servicekräfte).

Die von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Gerichtshelfer (ADG) ausgewerteten Erfahrungen in verschiedenen Bundesländern zeigen, dass eine Zusammenlegung von Bewährungs- und Gerichtshilfe keinem der Tätigkeitsfelder zugute kommt, sondern statt- dessen tatsächlich negative Auswirkungen für beide Bereiche hat.

Bundesweit ist nachgewiesen, dass eine Zusammenlegung weitgehend zu einem Erliegen der Gerichtshilfe geführt hat und sie nun in vielen Bundesländern flächendeckend nur noch auf dem Papier besteht.
Das Modellprojekt in Bayern, auf der Grundlage einer halben Gerichtshelferstelle, kann diese bundesweiten Ergebnisse schwerlich widerlegen.

Die Bewährungshilfe jedenfalls darf nicht als Feigenblatt für eine vermeintlich flächendeckende Gerichtshilfearbeit zur Verfügung stehen.

 

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www.bewaehrungshilfe-bayern.de

Cornelia Neher, Hechtseestraße 5, 83022 Rosenheim

 

 

Stellungnahme gegen eine geplante Anbindung der Gerichtshilfe an die Landgerichte und Tätigkeit von Bewährungs – und Gerichtshilfe in Personalunion

 

In Bayern ist die Bewährungshilfe Teil der Landgerichte. Die Dienstaufsicht obliegt den jeweiligen Präsidenten. Die Gerichtshilfe ist an die Staatsanwaltschaften angegliedert, die Dienstaufsicht hat der zuständige Leiter der Staatsanwaltschaft inne.

Vor dem Hintergrund, dass die Gerichthilfe in Bayern nicht flächendeckend, sondern nur in den Bezirken Augsburg, Memmingen, München, Nürnberg und Würzburg existiert, wurde ab Oktober 2014 das Modellprojekt Gerichtshilfe beim Landgericht Bayreuth und Bamberg eingeführt. In der derzeitigen Erprobungsphase erfolgt Gerichts – und Bewährungshilfe in Personalunion. Ziel des Projektes soll sein, Erfahrungen bezüglich einer Etablierung von Sozialen Diensten der Justiz zu sammeln. Die Gerichts- und Bewährungshilfe soll zusammengelegt und die dabei anfallenden Aufgaben von jeweils der gleichen Person bewältigt werden.

Um sich eine Meinung über die Sinnhaftigkeit einer Umwandlung der aktuellen Struktur in „Soziale Dienste der Justiz in Bayern“ zu bilden, müssen die sehr unterschiedlichen Hintergründe und fachlichen Aufträge von Bewährungs – und Gerichtshilfe betrachtet werden.

Die Bewährungshilfe hat sich aus privaten ehrenamtlichen Hilfen für Inhaftierte, deren Angehörige und Strafentlassene entwickelt. In den 1950iger Jahren  wurde eine professionelle Bewährungshilfe installiert. Ausgangspunkt für die Bewährungshilfearbeit ist ein rechtskräftiges Urteil, verbunden mit einem notwendigen Bewährungsbeschluss. Die Bewährungshilfe ist somit im Vollstreckungsverfahren angesiedelt. Die Betreuung ist längerfristig angelegt. Im Vordergrund steht der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung zum Probanden, sowie der Resozialisierungsgedanke. Die Unterstellung unter Bewährungsaufsicht stellt eine Zwangsmaßnahme dar.

Die Gerichtshilfe entstand 1923 durch die vorherrschende Meinung, Juristen fehle es an einer speziellen Fachkompetenz zur Erfassung und Darstellung von Täterpersönlichkeiten. Das Reichsjustizministerium schuf daraufhin die notwendigen rechtlichen Grundlagen und setzte  Sozialarbeiter*innen im laufenden Strafverfahren ein. Nachdem es von 1933-1945 keine Gerichtshelferstellen mehr gab, kam es in den1960iger Jahren zur Einführung der Gerichtshilfe in der StPO. Es folgte die einvernehmliche Festlegung hinsichtlich der Schaffung einer staatlich organisierten Gerichtshilfe durch die Justizministerkonferenz 1968, welche in Bayern schließlich erst Ende der 1970iger Jahre installiert wurde.

In der Strafprozessordnung ist die Beiziehung der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren (§160 Abs.3) und auch im Vollstreckungsverfahren (§463) benannt, mit dem Ziel, dadurch einen optimalen Ansatz zur Erfassung der Täterpersönlichkeit zu erreichen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sollen sich lt. Gesetz auf die Umstände erstecken, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind.  Die Bildung dieses speziellen Dienstes wurde von Juristen forciert, die der Ansicht waren, dass in einem noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren täterspezifische Informationen (u. a. persönliche Verhältnisse, soziales Umfeld) für die Anwendung des Strafrechts unbedingt notwendig wären. Weder das Maß der persönlichen Schuld, noch Maß und Art der Resozialisierungsbedürftigkeit, insbesondere nicht die Strafempfindlichkeit lasse sich ohne die Kenntnis der Täterpersönlichkeit beurteilen (vgl. BGHSt 7,28, 31). Die Gerichtshilfe ist generell als Ermittlungsorgan zu betrachten. Für die Betroffenen stellt sie ein Angebot auf freiwilliger Basis dar.

Wenn das Gericht keine Kenntnis über die Täterpersönlichkeit hat, stellt dies einen Verfahrensfehler dar, der zur Aufhebung von Urteilen führen kann, wie dies in der Vergangenheit z.B. beim mehreren Urteilen des OLG Koblenz erfolgt ist.

Dem Großkommentar Löwe-Rosenberg zur StPO und dem Gerichtsverfassungsgesetz ist zu entnehmen, dass die Gerichtshilfe kein zusätzlicher Betreuungsdienst, sondern vorrangig eine soziale Ermittlungshilfe für die Strafjuristen ist und somit primär im Ermittlungsverfahren eingesetzt werden soll. Die Gerichtshilfe hat sich um ein objektives Bild zu bemühen, alle Umstände herauszufinden, die Wirklichkeit herauszufinden, ohne Rücksicht darauf, ob es sich für den Beschuldigten positiv oder negativ auswirken kann (Löwe-Rosenberg „ Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz“, Kommentar zum § 160 Abs. 3 stopp). Die Beauftragung durch die Dezernenten der Staatsanwaltschaften erfolgt um Anhaltspunkte über die Täterpersönlichkeit, seine Strafempfindlichkeit, die Resozialisierungsbedürftigkeit des Beschuldigten zu erhalten. Ob es im Verlauf einer Fortführung des Verfahrens bei Gericht zu einer Bewährungsunterstellung käme ist offen. Es gibt von daher keine Deckungsgleichheit bei der Klientel der Gerichts- und Bewährungshilfe.

Ein weiteres Hauptaugenmerk des Gerichtshilfeauftrags ist auf die Opferberichterstattung und – betreuung bzw. deren Vermittlung an geeignete Stellen gerichtet. Sie stellt ein wichtiges strafprozessuales Element dar, um der Subjektrolle des Opfers im Strafverfahren angemessen Geltung zu verschaffen (vgl. BGH-Beschluss vom 26.09.2007 – 1StR 276/07).

Grundsätzlich sei darauf hingewiesen, dass sich zu Beginn eines Strafverfahrens spezifische Lösungen durch besondere Sanktionsmöglichkeiten ergeben können. Diese sind neben oder anstelle der klassischen Sanktionen anwendbar. Hierzu müssen allerdings Erkenntnisse über den Beschuldigten und die Geschädigten vorliegen.

Somit bleibt festzustellen: die Tätigkeitsfelder der Bewährungs – und Gerichtshilfe zeigen in ihren Ursprüngen, den Arbeitszielen und der fachlichen Herangehensweise deutliche Unterschiede auf. Die in diesen Sozialdiensten beschäftigten Sozialarbeiter*innen sind in unterschiedlichen Verfahrensabschnitten tätig. Ein kausaler und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten beider sozialen Dienste innerhalb der Justiz ist nicht gegeben.

Eine Zusammenlegung birgt verschiedene Probleme in sich. Prekär ist vor allem die Frage des Datenschutzes. Die Gerichtshilfe hat heute als Teil der Ermittlungsbehörde direkten  Zugang zu Informationen, Ermittlungsunterlagen und Vollstreckungsakten. Gliedert man sie aus dieser Struktur aus, wird der Zugang zu den Daten und Unterlagen der Staatsanwaltschaft problematisch. Werden die Grenzen zwischen den Institutionen Bewährungs- und Gerichtshilfe verwischt besteht aus unserer Sicht die Gefahr des Kontrollverlustes bzgl. des Umgangs und der Weitergabe von vertraulichen Informationen. Darüber hinaus führt die Ausübung der Bewährungs – und Gerichtshilfe in Personalunion zu Rollenkonflikten. Wie  werden sensible Gesprächsinhalte gehandhabt, die man als Bewährungshelfer*in bzw. als Gerichtshelfer*in erfährt?  Der Bewährungshelfer*in  sieht den Probanden unter einem anderen, vor allem auf Langfristigkeit angelegten, Blickwinkel. Im Vordergrund des Gerichtshelfer*in  steht das Ermittlungsverfahren unter dem Leitgedanken der Unschuldsvermutung.

Die bisher ohnehin wenig genutzte Beiziehung der Gerichtshilfe durch die Dezernenten der Staatsanwaltschaften wird durch die angestrebte Strukturreform nicht verbessert. Vielmehr sind Nähe, regelmäßige und direkte Kontakte zu den Dezernenten der Staatsanwaltschaft die Voraussetzung für die Beauftragung der Gerichtshilfe. Hiervon kann in späteren Verfahrensgängen die im Vollstreckungsverfahren tätige Bewährungshilfe profitieren.

Bei einer Verlagerung der Gerichtshilfe durch eine Zusammenlegung (gemeinsamer Sozialer Dienst der Justiz) und Anbindung an die Landgerichte entstehen neue, längere Verfahrensabläufe. Im Fall einer Auftragserteilung durch die Staatsanwaltschaft muss erst geklärt werden ob dort bereits Erkenntnisse über Personen vorliegen, ob und welche Daten mitgeteilt werden können usw. Dies erzeugt zusätzliche Arbeit, die vorher üblichen kurzfristigen Besprechungstermine würden dann entfallen. Die Bereitschaft die Gerichtshilfe zu beauftragen wird dadurch eher ausbleiben als sich erhöhen.

Diese Entwicklung ist klar in den Bundesländern mit einem einheitlichen Sozialdienst feststellbar. Nur dort wo die GH unabhängig von der Bewährungshilfe mit der Staatsanwaltschaft gekoppelt ist, sind nennenswerte Beauftragungszahlen der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren überprüfbar vorhanden.

Die jetzige Beauftragungslage der Gerichtshilfe in Bayern bedarf einer deutlichen Optimierung. Diese ist unter Beibehaltung der Organisationsform als Sozialdienst der Staatsanwaltschaften leichter, nachhaltiger und ergiebiger zu erreichen.

Durch die Aufstockung von Bewährungshilfestellen in den letzten Jahren konnte endlich eine Reduzierung der Fallzahlen erreicht werden. Die Zusammenlegung der Gerichts – und Bewährungshilfe würde – ohne gleichzeitige Stellenmehrung – zu einer erneuten Mehrbelastung der Bewährungshelfer*innen führen. Es ist auch zu betonen, dass es für die Erfüllung eines Auftrags im Vollstreckungsverfahren im Hinblick auf das Nichtbezahlen einer Geldbuße oder Nichtableisten von gemeinnütziger Arbeit keiner sozialpädagogischen Fähigkeiten bedarf und damit z.B. auch Rechtspfleger betraut werden können.

Wenn die Gerichtshilfe kriminalpolitisch gewollt ist, muss sie vielmehr und deutlicher in das öffentliche Bewusstsein treten und eine Stärkung erfahren, indem:

-       die Staatsanwaltschaften ihre zugehörigen Gerichtshelfer weit mehr als bisher in Anspruch nehmen, insbesondere im Ermittlungsverfahren und in der Opferberichterstattung

-       für eine flächendeckende Versorgung aller bayerischen Staatsanwaltschaften mit Gerichtshelfern und damit einhergehend eine personelle Verstärkung gesorgt wird

-       eine entsprechende Qualifizierung für methodisches Handeln, wie teilweise in anderen Bundesländern üblich, erfolgt

-       ein stärkerer Focus auf die Opferberichterstattung und Begleitung Betroffener im Verfahren sowie Weitervermittlung an andere Stellen gelegt wird.

Neben der Ermittlung von Täterpersönlichkeiten ist auch die Opferarbeit wichtig. Politisches Ziel sollte sein, den Opfern von Straftaten eine adäquate Betreuung und Begleitung im Strafverfahren zukommen zu lassen und somit deren Stellenwert zu stärken. Dadurch kann das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz gestärkt werden.

Die Frage nach Erkenntnissen anderer Bundesländer ist weitestgehend offen. Fest steht aber, dass die Eingliederung / Zusammenlegung der Gerichts- in die Bewährungshilfe in den meisten Fällen wenig erfolgreich war, da die Gerichtshilfe dann meist in der Bedeutungslosigkeit versank. Ein genauer Vergleich zwischen den Ländern ist schwierig, da die vorliegenden Statistiken wenig aussagekräftig sind.  Gültige Zielvorstellungen der Gerichtshilfe wurden jedoch nachweislich nicht erreicht.

Die derzeitige Planung, einen Sozialen Dienst der Justiz in Bayern zu schaffen, bei dem die Gerichtshilfe und die Bewährungshilfe zusammengelegt, bzw. Tätigkeiten in Personalunion ausgeführt werden sollen würde den „Tod der Gerichtshilfe in Bayern“ bedeuten.

Als Fazit der vorherigen Ausführungen erscheint es uns vielmehr sinnvoll, die Eigenständigkeit von Bewährungs- und Gerichtshilfe in Bayern aufrechtzuerhalten, in dem die Gerichtshilfe weiterhin bei den Staatsanwaltschaften und die Bewährungshilfe beim jeweiligen Landgericht angegliedert bleibt.

Aufgrund der vorgetragenen Argumente ist die ABB der Meinung, dass es nicht notwendig ist, das Ende und die Auswertung des Modellprojekts im März 2016 abzuwarten um hierzu eine Stellungnahme abzugeben.

Die aufgeführten Aspekte machen sehr deutlich, dass eine Zusammenlegung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Bayern nicht sinnvoll ist und deshalb keinesfalls umgesetzt werden sollte. Die ABB lehnt deshalb die Schaffung eines einheitlichen Sozialen Dienstes der Justiz durch eine Zusammenlegung von Bewährungs- und Gerichtshilfe in Bayern, insbesondere in Personalunion, ab.

Cornelia Neher, ABB Vorsitzende

 

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ADG – Arbeitsgemeinschaft Deutsche Gerichtshilfe e. V.

Hinweise über Regelungen zur GERICHTSHILFE – Gesetze, Ausführungsbestimmungen, Verwaltungsvorschriften, Richtlinien, Anordnungen –

Hierzu mehr und umfangreichere Darstellungen über die rechtlichen Strukturen der Sozialen Dienste in der Justiz; Petra Block, Schriftreihe der Kriminologischen Zentralstelle e.V. – KrimZ -; Band 11; ISBN 3-926371-16-1.

Auf bundesgesetzlicher Ebene existieren keinerlei übergreifende Vorschriften zu den Sozialen Diensten in der Justiz. Demgegenüber begannen einige Länder bereits Mitte der 70er Jahre – also kurz nach Einführung der Gerichtshilfe und der Führungsaufsicht – damit, übergreifende Regelungen zu erlassen. Diese Bestimmungen lassen sich aufgrund ihres Inhalts in drei große Bereiche unterteilen: Den größten und wichtigsten Bereich stellen die Justizsozialarbeitergesetze sowie die generelle Regelungen zu Aufgaben, Organisation und Dienstbetrieb „Sozialer Dienste der Justiz“ dar.

Die zweite Gruppe bilden Regelungen zu Aus- und Fortbildungen der Sozialarbeiter der Justiz. Es handelt sich in erster Linie um Bestimmungen zu Arbeitsgemeinschaften, Berufspraktika und Ausbildungssemestern.

Schließlich existieren übergreifende Vorschriften zu Einzelfragen, so z.B. Regelungen zur Bewährungs- und Führungsaufsichtsstatistik.

Gerichtshilfe: Aufgaben

Im Gegensatz zu den Vorschriften der StPO sind die landesrechtlichen Bestimmungen zu den Aufgaben der Gerichtshilfe von großer Ausführlichkeit. Neben der Aufstellung von Aufgabenkatalogen für einzelne Aufgaben enthalten die Vorschriften auch Aufgabenbeschreibungen allgemeiner Natur.

Allgemeine Aufgabenbeschreibung

Die Beschreibung der Aufgaben der Gerichtshilfe erfolgt zum einen in allen Ländern inhaltlich, d. h. durch die Darlegung insbesondere der grundsätzlichen Zielsetzung der Aufgaben, zum anderen wird sie jedoch auch „formal“ vorgenommen, und zwar durch Benennung bestimmter Delikts- und Tätergruppen, in denen sich die Einschaltung der Gerichtshilfe besonders empfiehlt.

Über den Inhalt der Aufgabenstellung besteht in allen Ländern Übereinstimmung, so heißt es in § 9 Abs. 2 der niedersächsischen AV grundsätzlich zur Aufgabe der Gerichtshilfe:

§ 9 Aufgaben des Gerichtshelfers

(2) Aufgabe des Gerichtshelfers ist die Erforschung der Persönlichkeit und Umwelt erwachsener Beschuldigter und Verurteilter zur Vorbereitung einer sachgerechten Entscheidung, insbesondere im Hinblick auf

a) die Ursachen und Beweggründe für das strafbare Verhalten,

b) die Aussichten, Ansatzpunkte, Einwirkungsmöglichkeiten und Wege für eine künftig geordnete Lebensführung.

Dabei hat er sowohl die zugunsten als auch die zu Lasten des Betroffenen ins Gewicht fallenden Umstände zu berücksichtigen.

Entsprechende Bestimmungen existieren in BW (Nr.19 Abs. 1 VV-JSG), BY (4.1.5), BE (§11 Abs.1), HB (IV. Abs. 2), HH (1.2.1.), NW (A.1), RP (4.1.5), SL (§11), SH (IV. 2), SN (III.15) und TH(IV. 1).

In einigen Vorschriften werden zudem einleitend die bundesgesetzlichen Vorgaben vorangestellt, so in BY (4.1.3), HB (IV. Abs. 1), HH (1.2.1), RP

Die Gerichtshilfe unterstützt die Staatsanwaltschaft und das Gericht bei der Ermittlung der Umstände, die für die Bestimmung der Rechtsfolgen der Tat von Bedeutung sind (§160 Abs. 3 Satz 2 StPO) sowie bei der Vorbereitung der Entscheidungen, die nach den §§453 bis 461 StPO zu treffen sind (§463 d. StPO).

Handelt es sich bei den bundesgesetzlichen Vorschriften lediglich um Kann-Bestimmungen, so nennen die Länder Fälle und Bereiche, in denen die Beauftragung der Gerichtshilfe besonders angezeigt ist. Die Regelung in BY – übereinstimmende Vorschriften existieren auch in RP (4.1.5) und SH (IV. 2 Satz 2) – stellt insbesondere auf die spezifischen Erkenntnisse der Sozialarbeit ab, denn 4.1.5 Satz 2 und 3 lauten wie folgt:

Ihre Einschaltung kommt dort in Betracht, wo der Einsatz von Mitteln der Sozialarbeit für die genannten Zwecke nach den Umständen des Falles besondere Erkenntnisse verspricht und zu seiner Bedeutung in angemessenem Verhältnis steht. Ein Auftrag an die Gerichtshilfe wird insbesondere in den Verfahren angezeigt sein, in denen eine Klärung geboten erscheint, ob die Bestellung eines Bewährungshelfers Erfolg verspricht.

Demgegenüber wird in der Vorschrift des Landes TH (IV.1.2) auf folgende Fälle hingewiesen:

1.2 Die Gerichtshilfe ist insbesondere heranzuziehen, wenn Klage vor einem Schöffengericht oder einer Strafkammer erhoben werden soll oder worden ist. Bei Kammeranklagen soll dies regelmäßig nur dann erfolgen, wenn kein Gutachter zur Frage der Täterpersönlichkeit bestellt ist.

Die Länder NI (§9 Abs.1), NW (A.2a) Satz 3) und SL (VV Nr. 1 zu §11) dagegen halten die Einbeziehung der Gerichtshilfe vor allem bei bestimmten Tätergruppen für besonders geboten, so bestimmt §9 Abs. 1 in NI:

§9 Aufgaben des Gerichtshelfers

(1)  Der Gerichtshelfer soll namentlich beauftragt werden:

  1. In Verfahren wegen Verbrechen und wegen Vergehen im Bereich der mittleren Kriminalität,
  2. In Jugendschutzsachen,
  3. In Strafverfahren gegen Personen

-die im Alter zwischen 21 und 27 Jahren stehen, soweit nicht die Jugendgerichtshilfe zuständig ist, oder die älter als 65 Jahre sind;

-bei denen die Annahme naheliegt, dass sie aufgrund besonderer Veranlagung oder durch besondere Umstände straffällig geworden sind.

Schließlich enthalten die Vorschriften der Länder BW, HH und TH Bestimmungen negativer Art, welche die Beauftragung der Gerichthilfe untersagen, so heißt es in Nr. 19 Abs. 4 VV-JSG in BW:

19. Aufgaben

(4) Aufträge, bei denen es ausschließlich um die Ermittlung von Einkommens- und Vermögensverhältnissen, nicht aber um die Erforschung der Täterpersönlichkeit und ihrer Umwelt geht, sollen dem Gerichtshelfer nicht erteilt werden.

Und TH (IV. 1.3.1) bestimmt wie folgt:

1.3.1Die Gerichtshilfe soll regelmäßig nicht herangezogen werden, wenn der Verurteilte aus gleicher oder anderer Sache einem Bewährungshelfer unterstellt ist.

Aufgabenbereiche der Gerichtshilfe

Zu unterscheiden sind drei Aufgabenbereiche der Gerichtshilfe: der in §160 Abs. 3 Satz 2 StPO vorgesehene Einsatz im Ermittlungsverfahren, der in § 463 d. StPO genannte Aufgabenbereich im Rahmen der dem Urteil nachfolgenden Entscheidungen sowie die Übertragung weiterer Aufgaben.

Der Einsatz der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren

Einige Länder halten eine frühzeitige Einbeziehung der Gerichtshilfe für wünschenswert, so lautet 4.1.4 in RP:

4.1.4 Die Gerichtshilfe soll möglichst schon im Ermittlungsverfahren eingeschaltet werden.

Gleichlautende Bestimmungen existieren auch in Bayern (4.1.4) und SH (IV.2 letzter Satz).

Ausgehend von § 160 Abs. 3 StPO legen einige Länder – BE (§11 Abs.2), NI (§9 Abs. 3), NW (A. 2.a)) – die Aspekte dar, auf die sich die Ermittlungen der Gerichtshilfe beziehen sollen, so bestimmt das Land NW in A.2.a):

a)    Die Tätigkeit des Gerichtshelfers im Ermittlungs- und Hauptverfahren soll vornehmlich der Erforschung der für die Bestimmung und die Zumessung der Rechtsfolgen bedeutsamen Umstände gelten (§160 Abs. 3 StPO), und zwar im Hinblick auf

- die Strafzumessung,

- die Strafaussetzung zur Bewährung,

- die Verwarnung mit Strafvorbehalt,

- die Einstellung des Verfahrens nach den §§ 153, 153a, ggf. die Anordnung von Auflagen oder Weisungen nach §153a StPO,

- die Bewilligung von Zahlungserleichterungen,

- die Anordnung, die Aussetzung und den Aufschub von Maßregeln der Besserung und Sicherung.

Ferner kommt die Mitwirkung des Gerichtshelfers bei der Vorbereitung von Entscheidungen über die Aufrechterhaltung oder Aussetzung und u.U. auch über die Anordnung der Untersuchungshaft in Betracht.

In den übrigen Ländern findet sich demgegenüber lediglich die knappe, allgemeine Aufgabenbeschreibung für die Gerichtshilfe im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, so heißt es z.B. in §11 Abs. 1 des saarländischen Gesetztes:

§11 Aufgaben der Gerichtshilfe

(1)  Die Gerichtshilfe hat im Rahmen der Ermittlungsverfahren und der Hauptverfahren die Persönlichkeit, Entwicklung und Umwelt erwachsener Beschuldigter zu erforschen und Umstände festzustellen, die für die Strafzumessung, die Strafaussetzung zur Bewährung und die Anordnung von Maßnahmen der Besserung und Sicherung von Bedeutung sein können.

Darüber hinaus enthalten die Bestimmungen keine weiteren Aussagen zu diesem Aufgabenbereich.

Verzeichnis einiger Vorschriften zu den Sozialen Diensten in der Justiz, geordnet nach Ländern

Baden-Württemberg

-       Landesgesetz über die Sozialarbeiter der Justiz (Justizsozialarbeitergesetz – JSG) vom 13.12.1979 in: GBI 1979, S. 550 (A.I.)

-       Verwaltungsvorschriften zum Landesgesetz über die Sozialarbeiter der Justiz (VV-JSG) vom 22.6.1981(2530 h – I/12) in: Die Justiz 1981, S. 303; durch AV vom 3.12.1991 (2390 g – I/2) ohne Änderungen neu erlassen, in: Die Justiz 1992, S. 11 (A.I.)

Bayern

-       Bewährungshilfe, Führungsaufsicht, Gerichtshilfe, Bek. vom 31.7.1986 (Gz. 4263 – II – 215/84) in : JMBI 1986, S. 162 (A.I)

Berlin

-       Allgemeine Verfügung über die Organisation und Aufgaben der Sozialen Dienste – Gerichtshilfe und Bewährungshilfe – bei dem Senator für Justiz und Bundesangelegenheiten vom 2.12.1986(Just 4263 – V/1) in: ABI 1987, S. 33, geändert durch AV vom 30.4.1991 (Just III B) in: ABI 1991, S. 1006 (A.I.)

Brandenburg

-       Geschäftsanweisung für die Sozialen Dienste der Justiz (Bewährungshelfer, Gerichtshelfer), AV vom 7.7.1992 (4260 – IV.13) in:JMBI Bbg 1992, S. 92 (A.I.)

Bremen

-       Allgemeine Verfügung über die Einrichtung der Gerichtshilfe für Erwachsene beim Landgericht in Bremen vom 13.12.1974 (-4205-), unveröffentlicht (B.I.)

Hamburg

-       Sozialdienste der Justiz (Gerichtshilfe und Führungsaufsichtsstelle), AV vom 23.12.1974 (4263/3-4) in: Hamburgisches JVBI 1974, S. 175 (A.I.)

-       Täter-Opfer-Ausgleich im Ermittlungsverfahren gegen Erwachsene, Rundschreiben des Leitenden Oberstaatsanwaltes vom 21.6.1988 (-4000-), unveröffentlicht (B.IV.)

Hessen

-       Gesetz über die Organisation der Bewährungshilfe und der Gerichtshilfe vom 25.9.1990 in: GVBI I 1990, S. 564 (A.I.)

Niedersachsen

-       Verfahren zur frühzeitigen Entlassungsvorbereitung bei Aussetzung des Strafrestes, AV vom 12.5.1989 (4262 – 305.8) in: Nds. Rpfl. 1989, S. 123 (A.IV.)

-       Anordnung über Organisation, Aufgaben und Dienstbetrieb der Gerichtshilfe, AV vom 24.5.1976 (4205 – 302.22) in: Nds.Rpfl. 1976, S.127

-       Rundverfügung über das Projekt „Haftentscheidungshilfe“ vom 30.10.1987 (4205 – 306.40), unveröffentlicht (B.III.)

Nordrhein-Westfalen

-       Anordnung über die Aufgaben, die Organisation und den Dienstbetrieb sowie den Geschäftsgang und die Geschäftskontrolle der Gerichtshilfe für Erwachsene, AV vom 8.3.1979 (4205 – II A.1) in: JMBI NW 1979, S. 85, geändert durch AV vom 3.3.1981 in JMBI NW 1981 S. 73 und AV vom 9.1.1984 in: JMBI NW 1984, S. 25 (B.I.)

-       Besprechungen der Gerichtshelfer, RV vom 11.7.1979 (4205 – III A. 4), unveröffentlicht (B.V.)

Rheinland-Pfalz

-       Organisation und Dienstbetrieb des Sozialdienstes in der Justiz, VV vom 23.4.1991 (4260 – 1- 36/91) in: JBI 1991, S. 75 (A.I.)

-       Geschäftsanweisung für den Sozialdienst in der Justiz, AV vom 7.2.1975 (1454 – 1 -1/75) in: JBI 1975, S. 29, geändert durch AV vom 17.12.1976 in: JBI 1977, S. 33 und durch Rundschreiben vom 16.7.1984 in: JBI 1984, S. 135 (A.I.)

-       Gerichtshilfe bei der Staatsanwaltschaft, Rundschreiben vom 6.1.1989 (4260 – 1 – 3/89) in: JBI 1989, S. 19 (B.I.)

Saarland

-       Gesetz Nr. 1051 über den Sozialdienst der Justiz (SozDG) vom 6.7.1976 in: Amtsblatt 1976, S. 756 (A.I.)

-       VV zum Gesetz über den Sozialdienst der Justiz, AV Nr. 26/1976 vom 1.10.1976, geändert durch AV Nr. 25/1987 vom 18.12.1987 (4260 – 15),   unveröffentlicht (A.I.)

-       Allgemeine Verfügung zur Haftentscheidungshilfe vom 9.3.1987 (4205 – 3 -), unveröffentlicht (B.III.)

Sachsen

-       Vorläufige Anordnung über die Organisation der Bewährungshilfen und Gerichtshilfen im Freistaat Sachsen vom 10.9.1991 (Gz.4263 – III – 4), unveröffentlicht (A.I.)

Schleswig-Holstein

-       Anordnung über Organisation, Aufgaben und Dienstbetrieb der Gerichtshilfe, AV vom 17.7.1980 (230 c / 4205 – 8) in: SchlHA 1980, S. 155, geändert durch AV vom 12.5.1982 (V 220 a/4205 – 8 SH) in: SchlHA 1982, S. 108 (B.I.)

-       Landesverordnung über die Einrichtung der Gerichtshilfe vom 12.7.1979 (V/250 – 4205 – 35) in: Sch GVBI 1979, S. 422 (B.V.)

-       Haftentscheidungshilfe im Strafverfahren gegen Erwachsene, Erlass vom 4.12.1990 (250/4205 – 37 -) in: SchlHA 1991, S.8 (B.III.)

-       Täter-Opfer-Ausgleich im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Entscheidungen, RV des Generalstaatsanwaltes vom 26.7.1991 (422 – 52 – ) in: SchlHA 1991, S. 153 (B.IV.)

Thüringen

-       Einrichtung der Bewährungs- und Gerichtshilfe in Thüringen, hier: Organisation der Bewährungs- und Gerichtshelfer, VV. vom 6.8.1991 (4263-3-2/91) in: JMBI 1991, S.95 (A.I)

-       Gerichtshelfer(innen), RV vom 24.9.1992 (Gz.239-6-), unveröffentlicht (B.V.)“

ADG – Anmerkungen

Seit Mitte der 70er Jahre gab es in einigen Bundesländern Bestrebungen die einzelnen Sozialen Dienste in der Justiz auch organisatorisch zu den „Sozialen Diensten der Justiz“ zusammenzufassen. Dieses führte in etlichen Bundesländern zu Struktur- und Organisationsveränderungen durch die Einführung eines Sozialen Dienstes der Justiz oder wie in BW zur Privatisierung der ambulanten Sozialdienste Bewährungs- und Gerichtshilfe. In BW werden die genannten Sozialdienste zum 01.01.2017 in die Zuständigkeit der Justiz zurückgeführt.

Nach den Organisationsveränderungen aber auch bei neueren Vorschriften in den Ländern kam es zu keinen Abänderungen in den Aufgabenbeschreibungen der Gerichtshilfe. Weiterhin gelten die grundsätzlichen Zielsetzungen in den Aufgaben. Die Betonung liegt somit weiter auf die vorrangige GH-Beiziehung im Ermittlungsverfahren. Weiterhin gültig sind ferner GH-Beauftragungen im Nachverfahren.

Eine Besonderheit in der Regelung der örtlichen Zuständigkeit existiert nur in Bayern (BY). Der bayrische Normgeber geht offenbar von einem geringen Bedarf an Gerichtshelfern aus, da er die Zuordnung einer GH-Stelle zu mehreren LG-Bezirken vorsieht. Auch jüngste Initiativen der Landesjustizverwaltung mit der Fortführung des Modellprojekts in Personalunion von Bewährungs- und Gerichtshilfe im OLG-Bezirk Bamberg zielt offenkundig auf eine „flächendeckende“ Gerichtshilfe in Bayern, auch wenn diese de facto nur auf dem Papier steht. Praktische Erkenntnisse über fehlgelaufene Verbindungen von Bewährungs- und Gerichtshilfe können aus den Bundesländern abrufen werden die zusammengeführte Struktur- und Organisationsformen haben (BB, BE, BW, HB, HH, MV, NW, SL, SN, ST, TH). Da es keine nach gemeinsamen Kriterien geführte GH-Statistik gibt, fallen die z. Teil katastrophalen Ergebnisse nicht gleich deutlich auf. Die Richtlinienkompetenz bei den Landesjustizministerien wird u. E. nicht genutzt bzw. unterbleibt.

Das Modellprojekt im OLG-Bezirk Bamberg / Bayern wird bis 2018 fortgeführt. Zwischenergebnisse erbrachten keine Anhaltspunkte für eine an der Aufgabenbeschreibung

in den Gesetzen und Verwaltungsvorschriften gemessenen Zielvorgabe. Fehlerhafte Grundbedingungen und Vorgaben sind deutlich erkennbar und dürften bei der Fortführung dieses Projektes nicht behebbar sein. Kritik darf nicht an den im Modellprojekt eingesetzten Sozialarbeitern festgemacht werden. Wer auch immer und unter diesen Vorgaben in Kombination von betreuender Sozialarbeit und den Zielsetzungen der Gerichtshilfe tätig wird hat ungünstigste Bedingungen zu bewältigen.

Es gilt gleichfalls in den kommenden Monaten grundständige Fragestellungen aufzuarbeiten – und nicht bis 2018 zuzuwarten – weshalb bei den bestehenden GH-Stellen der Staatsanwaltschaften kaum oder keine Beauftragungen im Ermittlungsverfahren erfolgen.

Bei Einführung der GH in Bayern gab es eine befriedigende Entwicklung. Was führte zu der jetzigen Realität? Waren die damaligen Juristen im bayerischen Justizministerium, der Lt. OSTA in Nürnberg Sozialromantiker? Sind die Richter des BGH mit ihren Aussagen über

Zusammenhänge von Taten, der genauen Wahrnehmung von Täterpersönlichkeit und der notwendigen Klärung über die Strafempfindlichkeit fehlgeleitet ? Wo liegen die Mängel oder gar das Versagen bei der heutigen Generation der Juristen?

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